1. Rückblick auf den Inhalt des ersten Buches.
Band 1, S. 186 Als ich das Werk über den Gottesstaat in Angriff nahm, hielt ich es für meine Pflicht, mich zunächst wider dessen Gegner zu wenden, die, mit ihrem ganzen Sinnen und Trachten auf die irdischen Freuden und die flüchtigen Dinge gerichtet, alles Unangenehme, was sie in dieser Hinsicht zu erdulden haben — von Gott über sie geschickt mehr als liebevolle Mahnung denn als Wirkung der strafenden Gerechtigkeit — mit vorwurfsvoller Miene der christlichen Religion schuld geben, die doch allein die heilbringende und wahre Religion ist. Und weil sich die Gegnerschaft zum Teil auch aus der ungebildeten Menge zusammensetzt, die von den Gebildeten unter Mißbrauch ihrer Autorität ganz besonders zum Haß gegen uns aufgereizt wird — diese Ungebildeten meinen nämlich, die ungewöhnlichen Vorgänge der Zeitgeschichte wären in früheren Zeiten unerhört gewesen, und in dieser Meinung werden sie gerade von denen bestärkt, die es ganz wohl besser wissen, es aber nicht sagen wollen, damit ihr Murren wider uns einen Schein von Berechtigung erhalte, — so mußte das Irrige Band 1, S. 187dieser Meinung aus ihren eigenen Geschichtswerken nachgewiesen und zugleich gezeigt werden, daß die falschen Götter, die sie öffentlich verehrten und heimlich noch immer verehren, ganz unreine Geister und ganz boshafte und trugvolle Dämonen seien, die sogar an ihren Verbrechen, gleichviel ob wirklichen oder erdichteten, Gefallen finden und sie sich an ihren Festfeiern aufführen ließen, damit sich die menschliche Schwachheit, durch das scheinbar göttliche Vorbild zur Nachahmung angeregt, von der Begehung verdammlicher Handlungen nicht abhalten lasse. Diese Behauptungen stützen sich nicht etwa auf vage Vermutungen unsererseits, sondern teils auf die frische Erinnerung, da wir ja selbst derartiges diesen Gottheiten vorführen sahen, teils auf Schriften solcher Autoren, die der Nachwelt darüber berichtet haben in der Absicht, etwas zu Ehren, nicht etwas zur Schmach ihrer Götter zu sagen, so daß Varro, der gelehrteste und dem Ansehen nach gewichtigste ihrer Schriftsteller, in seinem zweiteiligen Werke über die menschlichen und göttlichen Dinge, worin er einen Teil den menschlichen, den anderen den göttlichen Dingen widmete und die Gegenstände je nach ihrem Charakter dem einen oder andern Teile zuwies, die Schauspiele nicht etwa zu den menschlichen, sondern zu den göttlichen Dingen stellte, während es doch Schauspiele nicht einmal unter den menschlichen Einrichtungen hätte geben dürfen, wenn nur brave und ehrbare Leute im Staate vorhanden gewesen wären. Und das hat er sicherlich nicht auf eigene Faust getan, sondern deshalb, weil er, in Rom geboren und erzogen, die Schauspiele eben unter den göttlichen Dingen vorfand. Weil ich nun schon am Schluß des ersten Buches das weitere Programm kurz entwickelt und einiges davon in den zwei folgenden Büchern ausgeführt habe, so soll auch der Rest nicht länger der Erwartung der Leser vorenthalten werden.