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Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
3.
Nempe tota in hoc quaestio est, quomodo potuerit duos patres habere Ioseph. Hoc enim si potuisse fieri demonstratur, nulla omnino causa est, cur quisquam istorum evangelistarum in diversis generationibus enumerandis falsum dixisse credatur. p. 263,18 A duobus enim patribus iam non erit mirum neque contrarium, quod et avi duo et atavi et proavi esse potuerunt et quicquid supra est usque ad David, cuius erant ambo filii, et Salomon, qui pertinet ad ordinem, quem Matthaeus secutus est, et Nathan, qui est in serie, quam Lucas exposuit.
Attendunt enim ista nonnulli et vident non posse a duobus uiris per commixtionem carnis hominem gigni et ideo putant istam quaestionem non posse dissolvi.
Nec intuentur, quod usitatissimum atque facillimum est, patrem cuiusquam non eum tantum dici, a quo genitus, sed etiam eum, a quo fuerit adoptatus.
Neque enim adoptionis vinculum apud antiquos alienum ab eorum moribus fuit, cum etiam feminas inveniamus adoptasse sibi filios non ex utero suo natos, sicut Sara ex Agar et Lia ex ancilla sua et filia Pharaonis Moysen adoptavit. p. 264,5 Ipse autem Iacob nepotes suos, filios Ioseph, adoptavit. Ipsum vero adoptionis nomen plurimum ualere in nostrae fidei sacramento apostolica doctrina testatur.
Unde apostolus Paulus cum de Iudaeorum meritis loqueretur, quorum est inquit adoptio et gloria et testamenta et legislatio; quorum patres, et ex quibus Christus secundum carnem, qui est super omnia deus benedictus in saecula;
item dicit: et ipsi in nobismet ipsis ingemescimus adoptionem exspectantes redemptionem corporis nostri; item alio loco: cum autem venit plenitudo temporis, misit deus filium suum factum ex muliere, factum sub lege, ut eos, qui sub lege erant, redimeret, ut adoptionem filiorum reciperemus.
Haec igitur adoptio quanti sacramenti sit, his atque huiusmodi testimoniis satis apparet.
Unicum enim filium deus habet, quem genuit de substantia sua, de quo dicitur: Cum in forma dei esset, non rapinam arbitratus est esse aequalis deo. p. 264,21 Nos autem non de substantia sua genuit; creatura enim sumus, quam non genuit, sed fecit; et ideo, ut fratres Christi secundum modum nostrum faceret, adoptavit.
Iste itaque modus, quo nos deus, cum iam essemus ab ipso non nati, sed conditi et instituti, verbo suo et gratia sua genuit, ut filii eius essemus, adoptio vocatur.
Unde Iohannes dicit: Dedit eis potestatem filios dei fieri. Cum igitur ius adoptionis filiorum apud patres nostros et in scripturis sanctis usitatum sit, quae impietatis dementia praecipitat prius evangelistas falsitatis arguere, quod diversas generationes commemoraverunt, tamquam utraque vera esse non possit, quam cogitare et attendere et videre, quod facillimum est, quam crebra consuetudine generis humani unus homo duos patres habere potuerit, unum, cuius carne homo sit genitus, alterum, cuius voluntate, cum iam homo esset, filius sit adoptatus? p. 265,8
Qui si non recte dicitur pater, nec nos recte dicimus: Pater noster, qui es in caelis, ei, de cuius substantia nati non sumus, sed cuius gratia et misericordissima voluntate adoptati secundum doctrinam apostolicam et fidelissimam veritatem.
Ipsum quippe habemus et deum et dominum et patrem: deum, quod ab ipso etiam ex hominibus parentibus conditi sumus; dominum, quod ei subditi sumus; patrem, quod eius adoptione renati sumus.
Facile fuit ergo religiosis perscrutatoribus divinarum litterarum aliquantulum considerare et videre in diversis Christi generationibus a duobus evangelistis commemoratis, quomodo duos patres potuit habere Ioseph, quorum progeneratores diversi enumerentur. Hoc et vos, si studium contentionis non excaecaret, facile videre possitis.
Sed ab illis viris alia etiam quaesita et inventa sunt, cum omnes harum narrationum partes pertractarent; haec autem a vestro intellectu longissime remota sunt. Itaque etiam in Manichaei errore constituti, id quod in rebus humanis fieri solet, ut alius carne generet filium, alius eum voluntate adoptet, ac sic unus duos patres habeat, si non adverso animo legeretis, cogitando videre possetis. p. 266,1
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Gegen Faustus
3.
Die ganze Frage, die sich hier stellt, ist ja doch die, wie Joseph zwei Väter haben konnte. Wenn man zeigen kann, dass dies so sein konnte, dann gibt es überhaupt keinen Grund mehr zur Annahme, einer dieser Evangelisten habe bei der Aufzählung der voneinander abweichenden Stammbaumreihen die Unwahrheit gesagt. Wenn man von zwei Vätern ausgeht, wird nichts Sonderbares und Widersprüchliches mehr dabei sein, dass es auch zwei Grossväter, zwei Urgrossväter, und zwei Ururgrossväter geben konnte, und das gleiche gilt für alle Generationen bis zu David, dessen Söhne sowohl Salomon wie auch Nathan waren, Salomon, der zur Linie gehört, der Matthaeus folgte, Nathan, der in der Geschlechterreihe steht, die Lukas vorlegte. Es gibt einige, die sich dieses Problems annehmen, und sie sehen, dass kein Mensch auf dem Weg der geschlechtlichen Fortpflanzung von zwei Männern abstammen kann, und glauben daher, dass jene Stammbaumfrage unlösbar sei. Sie beachten dabei eine Möglichkeit nicht- die ja weit verbreitet ist und sich sehr leicht bewerkstelligen lässt–, dass als Vater nicht nur der bezeichnet wird, von dem jemand gezeugt wird, sondern auch jener, von dem er adoptiert wird. Denn die Verbindung durch Adoption war den Sitten der Alten keineswegs fremd, finden wir doch auch Frauen, die sich Söhne adoptierten, die nicht aus ihrem Schoss stammten: so Sara von der Hagar (cf. Gen. 16,1), und Lea von ihrer Magd (Cf.Gen. 30,9 f.) und die Tochter des Pharao adoptierte Moses (cf. Ex. 2,9f.). Jakob selber aber adoptierte seine Enkel, die Söhne Josephs (cf. Gen. 48,5). Dass aber das Wort „Adoption“ selber im Mysterium unseres Glaubens höchsten Stellenwert besitzt, das bezeugt die Lehre des Apostels. So sagte der Apostel Paulus, wo er von den Verdiensten der Juden spricht(Rm. 9,4):Sie haben die Adoption an Sohnes Statt und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und die Gesetzgebung, sie haben die Väter, aus ihnen stammt Christus dem Fleische nach, er, der Gott ist über allem, hochgelobt in Ewigkeit; Ebenso sagt er (Rm 8,23): Auch wir selber seufzen noch in uns, die Adoption erwartend, die Erlösung unseres Leibes; ebenso an anderer Stelle (Gal. 4,4f.): als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren aus einer Frau, dem Gesetz unterworfen, damit er die, die unter dem Gesetz waren, loskaufe und damit wir die Adoption an Sohnes Statt empfangen. Welch hohen Wert als Heilssymbol diese Adoption also hat, wird aus diesen und ähnlichen Zeugnissen klar genug ersichtlich. Einen einzigen Sohn nämlich hat Gott, den er aus seiner Substanz zeugte, und über ihn wird gesagt (Phil. 2,6): Da er in der Gestalt Gottes war, hielt er es nicht für einen Raub, wesensgleich mit Gott zu sein.
Uns aber zeugte er nicht aus seiner Substanz; wir sind nämlich Schöpfung, die er nicht zeugte, sondern erschuf; und deshalb hat er uns adoptiert, um uns so in einem auf uns anwendbaren Verfahren zu Brüdern Christi zu machen. Dieses Verfahren aber, in dem uns Gott nun mit seinem Wort und seiner Gnade zeugte, um uns zu seinen Söhnen zu machen, – nachdem wir ja zuvor von ihm schon erschaffen und für das Leben ausgestattet, nicht aber als seine Söhne geboren waren – wird Adoption genannt. Daher sagt Johannes (Joh. 1,12): Er gab ihnen Vollmacht, Söhne Gottes zu werden. Da also das Recht, Söhne zu adoptieren, bei unseren Vätern und in den Heiligen Schriften häufig angewendet wird, zeugt es von geradezu gottlosem Irrsinn, wenn jemand die Evangelisten gleich der Lüge bezichtigt, weil sie voneinander abweichende Stammbaumreihen aufzählten, als ob nicht beide richtig sein könnten, statt zuerst nachzudenken, genau hinzusehen und das Naheliegenste zu erkennen, wie weitverbreitet doch beim Menschengeschlecht die Praxis ist, dass ein Mensch zwei Väter hat, einen ersten, durch dessen Fleisch er als Mensch gezeugt wurde, einen zweiten, durch dessen Willensakt er, nachdem er schon Mensch war, als Sohn adoptiert wurde? Wenn es unrichtig ist, diesen zweiten als Vater zu bezeichnen, dann beten wir ebenso unrichtig zu Gott: Vater unser, der du bist im Himmel, da wir ja nicht aus seiner Substanz geboren, vielmehr durch seine Gnade und seinen barmherzigsten Willensakt adoptiert worden sind gemäss der apostolischen Lehre und der unumstösslichen Wahrheit. Und doch ist er für uns gleichzeitig Gott, Herr und Vater: Gott, weil wir von ihm, wenn auch mittels menschlicher Eltern, geschaffen wurden, Herr, weil wir ihm untertan sind, Vater, weil wir durch seine Adoption wiedergeboren sind. Für gewissenhafte Kommentatoren der göttlichen Schriften war es also ein Leichtes, angesichts der von den beiden Evangelisten gebotenen unterschiedlichen Stammbaumreihen Christi mit etwas kritischem Blick zu erkennen, wie Joseph zwei Väter mit unterschiedlichen Ahnenreihen haben konnte. Das wäre wohl auch für euch leicht zu erkennen, wenn nicht eure Streitsucht euch blind machte. Doch jene Männer haben noch andere Erklärungen gesucht und gefunden, als sie sämtliche Teile dieser Schriften untersuchten; diese aber sind eurem Verständnis unerreichbar weit entzogen. Dagegen wäret ihr bei klarer Überlegung wenigstens imstande, selbst wenn ihr euch in der Irrlehre des Manichaeus verfangen habt, diesen in der menschlichen Gesellschaft ganz alltäglichen Vorgang zu erkennen, dass einer mit seinem Fleisch einen Sohn zeugt, ein anderer ihn mit einem Willensakt adoptiert, sodass ein einzelner zwei Väter hat – falls ihr nicht mit Vorurteilen belastet lesen würdet.