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Works Augustine of Hippo (354-430) De Trinitate Einleitung

10.

Nicht gleichgültig für die Verwirklichung des Gottesbildes in den drei Kräften ist ihr Inhalt. Augustinus zählt im zwölften und dreizehnten Buche verschiedene Inhalte auf.

Die wichtigsten sind das eigene Ich und Gott (zehntes und vierzehntes Buch). Die rechte, beurteilende Vergegenwärtigung des Ich im Bewußtsein und seine liebende Wertung und Bejahung ist nur möglich, wenn wir es sehen in der ewigen Wahrheit, das heißt, erleuchtet vom Lichte Gottes und in der Beziehung zu Gott.1 Im höchsten Sinne wird das Bild des dreieinigen Gottes im Geiste verwirklicht, wenn Gott selbst es ist, auf den Gedächtnis, Einsicht und Liebe hinzielen. Nicht bloß auf die formalen Momente der Einheit, Dreiheit, Gleichheit im Bilde Gottes, das der Geist darstellt, kommt es also Augustinus an. Vielmehr ist sein Gedanke, daß das Bild um so lebhaftere Farben bekommt, je inniger wir mit Gott verbunden sind, je mehr wir uns an Gott annähern. Deshalb ist ja der Geist überhaupt Bild Gottes, weil er fähig ist, Gott zu ergreifen und zu erfassen.2 Wenn und soweit er sich von Gott abwendet, ist er nicht sein Bild. Seinshaft bleibt er freilich auch so noch Bild Gottes, da er eben, wie wir sahen, in seinem Geiste die naturgegebene, unverlierbare Fähigkeit besitzt, sein Denken und Lieben auf Gott hinzuordnen. Die Verbindung mit Gott, das Gottanhangen vollzieht sich in der Erinnerung, in der Schau und in der Liebe Gottes. Für Augustinus ist es ein Rätsel, wie wir Gott überhaupt vergessen können, da er immer in unserem Innersten wohnt. Nur dadurch, daß der Geist draußen ist, daß er nicht bei sich ist, kann er Gottes vergessen. Durch die Erinnerung, Schau und Liebe Gottes wird die Gemeinschaft mit Gott verwirklicht. Dieser Vorgang vollzieht sich im Innersten des Geistes, in seiner Spitze oder in seinem Grunde. Im Einssein mit Gott besteht das wahre und höchste Glück. S. 55 Die Freude im dreipersönlichen Gott ist der Höhepunkt und Gipfel der Wonne, deren der Mensch fähig ist. Das Nachdenken über Gottes Bild im Geiste wird so gekrönt von der Dreieinigkeitsmystik des Kirchenvaters.

Einer besonderen Betrachtung bedarf noch der Ausdruck Wort,3 der uns eben vorhin begegnete. Wenn der Geist in den Räumen seines Gedächtnisses sucht und sich einen Inhalt vergegenwärtigt, dann bildet er von dem vergegenwärtigten Gegenstande ein Wort. Wort war eine traditionelle Bezeichnung für den Sohn Gottes. Seine Verwendung schöpfte ihre Berechtigung aus dem Prolog zum Johannesevangelium. Man verglich den Sohn Gottes mit dem Worte. Die griechischen und die meisten lateinischen kirchlichen Schriftsteller verstanden darunter das gesprochene, nicht das geistige Wort. Im Mittelalter hat diese Tatsache schon Matthäus von Aquasparta gut durchschaut und darüber den Griechen seinen Tadel ausgesprochen. Das gesprochene Wort veranschaulicht nach ihnen nicht die Weise der Zeugung als eines Erkenntnisvorgangs, sondern ihre Unstofflichkeit, die Einheit, Gleichheit, Untrennbarkeit und Verschiedenheit von Vater und Sohn. Dabei sind manche von ihnen dem Begriffe Wort gegenüber sehr zurückhaltend und eifrig bemüht, vom göttlichen Worte alle menschlichen Unvollkommenheiten wie Vergänglichkeit und Akzidentalität fernezuhalten. Nicht selten versteht man den johanneischen Logos als Vernunft des Vaters und beweist dann so die Ewigkeit des Sohnes. Weiterhin findet man in der Bezeichnung Logos die Offenbarungstätigkeit des Sohnes ausgesprochen. Der Gedanke, daß die Zeugung Gottes als Erkenntnisakt zu verstehen sei, findet sich vor Augustinus fast nicht. Eine große Ausnahme bildet Tertullian. Er charakterisiert den Sohn als Gedanken und die Zeugung als Denkakt des Vaters.4

Augustinus übernimmt aus der Tradition zunächst die Feststellung, daß man das griechische Wort Logos mit sermo, ratio oder verbum übersetzen kann.5 In der S. 56 Frühzeit seiner schriftstellerischen Tätigkeit ist er, in den Bahnen der Überlieferung, vor allem der griechischen, wandelnd, der Meinung, daß die Bezeichnung Verbum aus dem Offenbarungscharakter der zweiten Person zu erklären sei. In den späteren Schriften tritt diese Erklärung des Begriffs Verbum zurück, wenngleich sie nicht ganz verschwindet. Wir treffen sie hin und wieder im Trinitätswerke. Durch den menschgewordenen Sohn Gottes wurden uns ja die bedeutungsvollsten Selbstmitteilungen Gottes zuteil. Doch gehört zum Bilde im menschlichen Geiste ein anderes Wort. Wenn ein Wort ausgesprochen werden soll, dann muß man es zuerst bei sich überlegen, in der Stille des Herzens denken, im Inneren ein Bild des hörbar auszusprechenden Wortes hervorbringen. Dem im Geiste vorgestellten Wortbild muß ein Gedanke zugrunde liegen, ein Begriff, der im vorgestellten Wortbild seinen Ausdruck findet. Diesen Begriff nun nennt Augustinus ebenfalls Wort. Er ist das innere Wort, das Wort des Geistes. Es ist der geformte, gestaltete Gedanke. Ja der so sehr auf das Geistige eingestellte Augustinus führt diesen Gedanken zu der Spitze, daß er dem inneren Worte allein den Charakter des Wortes im strengen Sinne vorbehält. Dies Wort wird aus dem Gedächtnis gezeugt, ist von ihm verschieden und doch enge mit ihm verbunden. Es ist ein Bild des göttlichen Sohnes, seine Hervorbringung ein Bild der Zeugung. Diese wird so als Denkakt des Vaters verstanden. Die Begriffe Wort und Sohn stehen in gegenseitiger Wechselwirkung. Dadurch ist die zweite Person Sohn, daß sie Wort ist; und dadurch ist sie Wort, daß sie Sohn ist.

Der fruchtbare Denkakt des Vaters treibt über sich hinaus.6 Wenn wir etwas erkennen und in einem geistigen Worte formen, so hängen wir in Liebe daran. Selbst wenn der erkannte Gegenstand Mißfallen erregt, so ruft doch seine Erkenntnis selbst Wohlgefallen hervor. Die Liebe eint so den Erkennenden auf das innigste mit seiner Erkenntnis. Die Liebe und ihr Hervorgang im Geiste ist das Bild des Heiligen Geistes und seines S. 57 Hervorganges. Augustinus gesteht in seinem um 393 geschriebenen Werke „De fide et symbolo“,7 daß er in der reichen, von gelehrten und frommen Männern geschaffenen Literatur über den Heiligen Geist wenige Angaben finden konnte. Im allgemeinen beschränken sich, wie er sagt, die kirchlichen Schriftsteller vor ihm darauf, zu sagen, daß der Geist eine von Vater und Sohn verschiedene Person ist, daß er Gott ist wie diese, daß er Heiliger Geist und Geschenk ist. Einige freilich hätten gewagt, das Band, das Vater und Sohn verknüpft, und die Gottheit beider, welche die Griechen mit θεότης [theotēs] bezeichnen, für den Heiligen Geist zu halten. Da der Vater Gott sei und der Sohn Gott sei, so sei der Heilige Geist die beide verbindende Gottheit. Diese Gottheit wollten sie auch als gegenseitige Liebe und Zuneigung verstanden wissen. Augustinus bringt dieser Anschauung Sympathien entgegen, ohne sich vorbehaltlos für sie zu entscheiden.8 Zu finden war die von Augustinus angeführte Meinung bei Marias Viktorinus, der sie wieder Plotin verdankt. Viktorinus verwendet den Ausdruck copula (Band). Copula ist, wie E. Benz9 zeigt, bei Viktorinus eine Substanz. Sie bezeichnet den Geist als die Grundsubstanz der Trinität. „Geist ist der Vater als Urprinzip des Geistes, als reines Geistigsein; Geist ist der Sohn als die Form Gottes; Geist ist der Heilige Geist als die Selbstentfaltung der energetischen Geistsubstanz in ihrer Diffusion in der Welt.“ Viktorin verwendet den Ausdruck freilich nicht nur zur Bezeichnung des Heiligen Geistes, sondern auch des Sohnes. Copula bezeichnet also die ontologische Grundform der drei Hypostasen, das Wesensband der Trinität, den Sohn. Das Schwanken Augustins in diesem Punkte, seine Versicherung, daß der Heilige Geist gleicher Gott ist wie Vater und Sohn, zeigen auch hier wieder, daß sein Trinitätsglaube christliches Gepräge trägt, daß er auch neuplatonische Gedankengänge im Lichte der christlichen Trinitätslehre sieht und daß er mit Hilfe neuplatonischer Ideen versucht, den christlichen Glauben, ohne ihn umzubiegen, geistig zu bewältigen. Die Meinung, daß der S. 58 Heilige Geist die Gottheit von Vater und Sohn ist, reiht er um 428 in die Häresien ein.10 In der sonstigen Trinitätsliteratur vor Augustinus war der Gedanke, daß der Heilige Geist die Liebe sei, nicht zu finden, wenn man allenfalls Epiphanius von Salamis ausnimmt.11 Wohl wurde häufig ausgesprochen, daß er der Urgrund der Liebe Gottes zu uns, nicht jedoch, daß er in seinem Personalcharakter Liebe ist. Ein an den Gedankengängen des heiligen Augustinus oder der Scholastik geschultes Denken kann freilich die voraugustinischen Gedanken mühelos zu der bei Augustinus erreichten Entwicklungsstufe weiterdenken. Das berechtigt aber nicht, den voraugustinischen Vätern eine Ansicht zuzuschreiben, die sie selber nicht ausgesprochen haben.


  1. De trin. l. IX c. 7. ↩

  2. De trin. l. XIV c. 12 n. 15; c. 8 n. 11. ↩

  3. Schmaus a. a. O. 331—361. ↩

  4. Siehe den Nachweis im einzelnen bei Schmaus a. a. O. 31—73. ↩

  5. Tract. 108 in Joann. n. 3. De diversis quaest. 83, q. 63. ↩

  6. Gilson a. a. O. 381. Schmaus, 369—391. ↩

  7. De fide et symbolo, c. 9 n. 18. ↩

  8. De fide et symbolo, c. 9 n. 19; n. 20. ↩

  9. A. a. O. 127—130. ↩

  10. De haeresibus, n. 52. ↩

  11. Th. Régnon, Etudes de théologie positive sur la Sainte Trinité, II, Paris 1892, 145. Schmaus a. a. O. 73 f. ↩

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Editions of this Work
De Trinitate
Translations of this Work
De la trinité
Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
The Fifteen Books of Aurelius Augustinus, Bishop of Hippo, on the Trinity
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Einleitung
On the Trinity - Introductory Essay

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