• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works Augustine of Hippo (354-430) De Trinitate Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
ZWEITES BUCH.

5. Kapitel. Die Sendungen begründen keine Ungleichheit.

7. Indes wenn die angeführten Leute in dem erörterten Punkte widerlegt sind, dann wenden sie sich einem anderen zu. Sie sagen: Wer sendet, ist größer als derjenige, der gesandt wird. Daher ist der Vater größer als der Sohn, weil der Sohn unermüdlich darauf verweist, daß er vom Vater gesandt ist. Der Vater sei auch größer als der Heilige Geist, weil Jesus von ihm sagte: „den der Vater in meinem Namen senden wird“.1 Der Heilige Geist soll auch geringer sein als die beiden anderen, weil ihn sowohl der Vater sendet, wie wir eben erwähnten, als auch der Sohn; sagt er doch: „Wenn ich aber hingehe, werde ich ihn euch senden.“2

In dieser Frage will ich zuerst fragen, woher und wohin der Sohn gesandt wurde. „Ich bin“, so sagt er, „vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen.“3 Vom Vater ausgehen und in diese Welt kommen heißt also: gesandt werden. Was hat es also für einen Sinn, wenn von ihm ganz der gleiche Evangelist sagt: „Er war in S. 62 der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, und die Welt hat ihn nicht erkannt?“4 Dann fährt er fort: „Er kam in sein Eigentum.“5 Er wurde doch dorthin gesandt, wohin er kam. Wenn er aber in diese Welt gesandt wurde, weil er vom Vater ausging, und in diese Welt kam und schon in der Welt war, dann wurde er also dorthin gesandt, wo er schon war. In dieselbe Richtung weist das Wort, das der Prophet Gott in den Mund legt: „Himmel und Erde erfülle ich.“6 Wenn es vom Sohne zu verstehen ist — manche wollen in ihm denjenigen sehen, der zu den Propheten oder in den Propheten gesprochen hat —, wohin anders wurde er gesandt als dorthin, wo er schon war? Überall war ja jener, der sagt: „Himmel und Erde erfülle ich.“ Ist dies Wort aber vom Vater zu verstehen, so muß man fragen: Wo konnte der Vater ohne sein Wort und ohne seine Weisheit sein, „welche sich von einem Ende zum anderen kraftvoll erstreckt und alles in Sanftmut ordnet“?7 Aber auch ohne seinen Geist konnte er nirgends sein. Wenn daher Gott überall ist, dann ist auch sein Geist überall. Es wurde also auch der Heilige Geist dorthin gesandt, wo er schon war. Denn auch jener Beter, der keinen Ort fand, wohin er gehen konnte vor dem Angesichte Gottes, und sagt: „Wenn ich zum Himmel emporsteige, bist du da; wenn ich in die Tiefe hinabsteige, bist du da“,8 hat zuerst, als er die Gegenwart Gottes zum Bewußtsein bringen wollte, seinen Geist genannt. Er sagt ja: „Wohin soll ich gehen vor deinem Geiste? Und wohin soll ich fliehen vor deinem Antlitze?“9

8. Wenn also Sohn und Geist dorthin gesandt werden, wo sie schon waren, dann muß man fragen, wie denn diese Sendung des Sohnes und Geistes zu verstehen ist. Vom Vater liest man nämlich nirgends, daß er gesandt wurde. Vom Sohne jedoch schreibt der Apostel: „Als S. 63 aber die Fülle der Zeit kam, da sandte Gott seinen Sohn, geboren aus dem Weibe, unterworfen dem Gesetze, damit er die, die unter dem Gesetze standen, loskaufe.“10 Er sagt: „Er sandte seinen Sohn, geboren aus dem Weibe.“ Welcher Katholik wüßte nicht, daß er mit dem letzten Wort nicht den Verlust der Jungfräulichkeit, sondern lediglich die Geschlechtsverschiedenheit in hebräischer Redeweise bezeichnen wollte? Als er daher sagte: „Gott sandte seinen Sohn, geboren aus dem Weibe“, zeigte er hinlänglich, daß der Sohn dadurch gesandt wurde, daß er aus dem Weibe geboren wurde. Dadurch also, daß er von Gott geboren wurde, war er in dieser Welt. Dadurch aber, daß er von Maria geboren wurde, wurde er in diese Welt gesandt und kam er in diese Welt herein. Er konnte daher vom Vater nicht ohne den Heiligen Geist gesandt werden, nicht nur weil man einsehen kann, daß der Vater, als er ihn sandte, das heißt: aus der Jungfrau bildete, das nicht ohne den Heiligen Geist getan hat, sondern auch weil im Evangelium der Jungfrau Maria auf ihre Frage: „Wie wird dies geschehen?“ vom Engel denkbar klar und deutlich gesagt wird: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten.“11 Und Matthäus sagt: „Es ergab sich, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geiste.“12 Doch auch beim Propheten Isaias sagt Christus selbst, wie man ersehen kann, von seiner zukünftigen Ankunft: „Jetzt hat mich der Herr gesandt und sein Geist.“13

9. Vielleicht will uns jemand zu dem Zugeständnis zwingen, daß der Sohn auch von sich selbst gesandt sei, weil jene Empfängnis und Geburt aus Maria das Werk der Dreieinigkeit ist, durch deren schöpferische Tätigkeit alles geschaffen wird. Da könnte, wer so spricht, fragen: Wieso kann man denn noch sagen, daß der Vater den Sohn sandte, wenn sich dieser selbst gesandt hat? Darauf erwidere ich zunächst mit der S. 64 Gegenfrage, wenn sie beantwortet werden kann, wie der Vater ihn geheiligt hat, wo er sich doch selbst heiligte. Beides versichert nämlich derselbe Herr: „Von dem“, sagt er, „den der Vater geheiligt und in diese Welt gesandt hat, behauptet ihr: Du lästerst Gott, weil ich gesagt habe: Ich bin der Sohn Gottes.“14 An einer anderen Stelle aber sagt er: „Ich heilige mich für sie.“15 Weiterhin frage ich, wie ihn der Vater hingegeben hat, wenn er sich selbst hingegeben hat? Beides behauptet nämlich der Apostel Paulus: „Der seinen eigenen Sohn“, sagt er, „nicht geschont, sondern für uns alle dahingegeben hat.“16 Anderswo sagt er eben vom Heiland: „der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“.17 Wenn der Fragesteller sich diese Tatsachen gewissenhaft überlegt, dann wird er vermutlich antworten: (So spricht die Schrift,) weil Vater und Sohn einen Willen und eine untrennbare Tätigkeit haben. So möge er also einsehen, daß die Menschwerdung und die Geburt aus der Jungfrau, worunter die Sendung des Sohnes zu verstehen ist, durch ein und dieselbe Tätigkeit des Vaters und Sohnes in untrennbarem Wirken verursacht wurde. Auch der Heilige Geist war davon nicht ausgeschlossen, da es ja von ihm klar heißt: „Es ergab sich, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geiste.“18 Was wir da sagen, wird vielleicht noch deutlicher sichtbar, wenn wir auch die Frage stellen: Wie sandte Gott seinen Sohn? Gab er etwa den Befehl, daß er kommen sollte, und ist etwa dieser dann, dem Gebote gehorsam, gekommen? Oder hat er eine Bitte an ihn gestellt oder nur eine Mahnung an ihn gerichtet? Was jedoch immer hiervon geschah, auf jeden Fall geschah es durch das Wort. Das Wort Gottes ist aber der Sohn Gottes selbst. Wenn ihn daher der Vater durch das Wort sandte, so waren es der Vater und sein Wort, die ihn sandten. Es wurde also von Vater und Sohn eben derselbe Sohn gesandt, da ja das S. 65 Wort des Vaters eben der Sohn ist. Wer möchte sich denn einer so gottlosen Meinung hingeben, daß er glaubte, vom Vater sei ein zeithaftes Wort geschaffen worden, damit der ewige Sohn gesandt werde und in der Zeit im Fleische erscheine? Vielmehr war es im Worte Gottes selbst, das im Anfang bei Gott war und Gott war, das heißt in der Weisheit Gottes selbst zeitlos ausgesprochen, zu welcher Zeit die Weisheit Gottes im Fleische sichtbar werden sollte. Weil sonach ohne Spur eines zeitlichen Beginns im Anfang das Wort war und das Wort bei Gott war und Gott das Wort war, deshalb war es eben in diesem Worte zeitlos ausgesprochen, zu welcher Zeit das Wort Fleisch werden und unter uns Wohnung nehmen sollte.19 Als nämlich die Fülle der Zeit gekommen war, „sandte Gott seinen Sohn, geboren aus dem Weibe“,20 das heißt: geworden in der Zeit, damit er als fleischgewordenes Wort den Menschen sichtbar werde: in dem Worte selbst war zeitlos ausgesprochen, in welcher Zeit das geschehen sollte. Die Ordnung der Zeiten ruht ja zeitlos in der ewigen Weisheit Gottes. Da also die Erscheinung des Sohnes im Fleische von Vater und Sohn bewirkt wurde, so sagt man zutreffend, daß jener gesandt wurde, der im Fleische erschien, jener sandte, der im Fleische nicht erschien. Denn was vor den leiblichen Augen äußerlich sichtbar geschieht, beginnt seine Existenz im inneren Gefüge der geistigen Natur, und daher nennt man es mit Recht gesandt. Die Gestalt nun des angenommenen Menschen ist die Person des Sohnes, nicht auch jene des Vaters. Daher heißt es, daß der unsichtbare Vater zugleich mit dem ebenfalls unsichtbaren Sohn eben diesen Sohn, indem er ihn sichtbar werden ließ, gesandt hat. Wäre er so sichtbar geworden, daß er aufgehört hätte, mit dem Vater unsichtbar zu sein, das heißt, wenn die Substanz des unsichtbaren Wortes in ein sichtbares Geschöpf verwandelt und umgebildet worden wäre, S. 66 dann müßte man annehmen, daß der Sohn so vom Vater gesandt wurde, daß er nur als Gesandter, nicht aber zugleich als Sendender erfunden wurde. Weil er aber die Knechtsgestalt so annahm, daß die Gottesgestalt unveränderlich blieb, so ist klar, daß von Vater und Sohn, die in ihrer Unsichtbarkeit verharren, die sichtbare Wirklichkeit des Sohnes geschaffen wurde, das heißt, daß vom unsichtbaren Vater zugleich mit dem unsichtbaren Sohne eben dieser selbe Sohn in die Sichtbarkeit gesandt wurde. Warum sagt er dann: „Ich bin nicht von mir selbst ausgegangen?“21 Dieses Wort gilt eben schon von der Knechtsgestalt, von der auch das Wort: „Ich richte niemanden“22 zu verstehen ist.

10. Wenn also der Sohn gesandt heißt, sofern er in der körperlichen Schöpfung sichtbar erschien, während er nach seiner inwendigen Wirklichkeit in seiner geistigen Natur für die Augen der Sterblichen immer verborgen bleibt, so läßt sich auch vom Heiligen Geiste leicht begreifen, warum auch er gesandt heißt. Es wurde nämlich eine bestimmte Gestalt eines Geschöpfes in der Zeit geschaffen, damit durch sie der Heilige Geist sichtbar geoffenbart werde, mochte er nun in körperlicher Gestalt gleich einer Taube auf den Herrn selbst herabschweben23 oder mochte zehn Tage nach seiner Himmelfahrt am Pfingstfeste plötzlich vom Himmel her ein Brausen sich erheben, wie wenn ein gewaltiger Sturm daherführe, und ihnen Zungen wie von Feuer erscheinen, die sich verteilten und auf jeden von ihnen niederließen.24 Diese in die Sichtbarkeit herausgesetzte und vor die Augen der Sterblichen hingestellte Tätigkeit erhielt den Namen „Sendung des Heiligen Geistes“, nicht als ob seine Substanz erschienen wäre — in dieser ist er vielmehr unsichtbar und unwandelbar wie Vater und Sohn —, sondern in dem Sinne, daß die Herzen der Menschen unter dem Eindruck einer mit den Sinnen wahrgenommenen Wirklichkeit von der in der Zeit S. 67 erfolgenden Offenbarung des Kommenden zur verborgenen Ewigkeit des immer Gegenwärtigen hingelenkt werden sollen.


  1. Joh. 14, 26. ↩

  2. Joh. 16, 7. ↩

  3. Joh. 16, 28. ↩

  4. Joh. 1, 10. ↩

  5. Joh. 1, 11. ↩

  6. Jerem. 23, 24. ↩

  7. Weish. 8, 1. ↩

  8. Ps. 138, 8 [hebr. Ps. 139, 8]. ↩

  9. Ps. 138, 7 [hebr. Ps. 139, 7]. ↩

  10. Gal. 4, 4 f. ↩

  11. Luk. 1, 34 f. ↩

  12. Matth. 1, 18. ↩

  13. Is. 48, 16. ↩

  14. Joh. 10, 36. ↩

  15. Joh. 17, 19. ↩

  16. Röm. 8, 32. ↩

  17. Gal. 2, 10. ↩

  18. Matth. 1, 18. ↩

  19. Joh. 1, 1. 2. 14. ↩

  20. Gal. 4, 4. ↩

  21. Joh. 8, 42. ↩

  22. Joh. 8, 15. ↩

  23. Matth. 3, 16. ↩

  24. Apg. 2, 2―4. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (408.86 kB)
  • epubEPUB (408.56 kB)
  • pdfPDF (1.48 MB)
  • rtfRTF (1.29 MB)
Editions of this Work
De Trinitate Compare
Translations of this Work
De la trinité Compare
Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
The Fifteen Books of Aurelius Augustinus, Bishop of Hippo, on the Trinity Compare
Commentaries for this Work
Einleitung
On the Trinity - Introductory Essay

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy