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Works Augustine of Hippo (354-430) De Trinitate Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
ZWEITES BUCH.

15. Kapitel. Die Erscheinung auf dem Sinai.

25. Nun wollen wir reden von den Wolken und Stimmen und Blitzen, vom Posaunenschall und Rauch auf dem Berge Sinai, worüber die Schrift berichtet: „Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war. Rauch quoll von ihm auf wie der Rauch eines Schmelzofens. Und das ganze Volk wurde von großem Schrecken erfüllt. Der Posaunenschall wurde immer stärker. Moses redete, und Gott anwortete ihm im Donner.“1 Und gleich darauf wurde das Gesetz mit den Zehn Geboten gegeben; dann heißt es: „Und das ganze Volk nahm die Donnerschläge, die Blitze, den Posaunenschall und den rauchenden Berg wahr.“2 Und gleich darauf: „Das Volk blieb in der Ferne stehen. Moses aber trat in das dunkle Gewölk, in dem Gott war. Da redete Gott zu Moses“3 usw. Was soll ich dazu sagen? Niemand wird so wahnwitzig sein und glauben, der Rauch, das Feuer, die Wolken, das dunkle Gewölk und die sonstigen Erscheinungen seien die Substanz des Wortes und der Weisheit Gottes, die Christus ist, oder des Heiligen Geistes. Von Gott Vater haben das auch die Arianer niemals zu behaupten gewagt. Also ist all das geschehen, indem die Schöpfung dem Schöpfer diente. In passender Anordnung wurde es den menschlichen Sinnen dargeboten. Man müßte schon eine ganz fleischliche Denkweise haben, wenn man das Wort: „Moses aber trat in das dunkle Gewölk, in dem Gott war“, so erklären wollte, daß das Volk zwar das dunkle Gewölk gesehen habe, S. 88 Moses aber innerhalb des dunklen Gewölkes mit seinen leiblichen Augen den Sohn Gottes geschaut habe, den manche rasend gewordene Häretiker in seiner Substanz gesehen werden lassen wollen. Mag Moses ihn mit leiblichen Augen gesehen haben, wenn er mit leiblichen Augen gesehen werden kann. Dann war es aber nicht die Weisheit Gottes, welche Christus ist, sondern die Weisheit irgendeines weisen Menschen, oder man müßte aus der Erzählung der Schrift, daß „die Ältesten Israels den Ort sahen, wo der Gott Israels stand“ und „unter seinen Füßen ein Gebilde, das Saphirplatten glich und einen hellen Glanz ausstrahlte wie der Himmel“,4 die Berechtigung des Glaubens ableiten, daß das Wort und die Weisheit Gottes mit ihrer Substanz an einem bestimmten, räumlich umschriebenen Ort gestanden habe, die Weisheit, die „von einem Ende zum anderen reicht und alles in Sanftmut ordnet“,5 und daß das Wort Gottes, durch das alles geworden ist,6 so wandelbar sei, daß es sich bald zusammenzieht, bald ausdehnt — der Herr möge die Herzen seiner Gläubigen von solchen Vorstellungen reinigen! In Wahrheit wurden alle diese sichtbaren und sinnfälligen Vorgänge, wie wir schon mehrfach sagten, durch eine hierzu verwandte geschöpfliche Wirklichkeit dargestellt, auf daß sie die Gegenwart des unsichtbaren, geistigen Gottes ankündigten, und zwar nicht nur des Vaters, sondern auch des Sohnes und des Heiligen Geistes, Gottes, aus dem, durch den und in dem alles ist,7 mag auch das, was an Gott unsichtbar ist, seine ewige Macht und Göttlichkeit, seit der Erschaffung der Welt durch seine Werke erkennbar geschaut werden!8

26. Was jedoch die Frage angeht, die wir uns hier gestellt haben, so sehe ich auch bei den schreckhaften Erscheinungen, die den Sinnen der Sterblichen auf dem Berge Sinai zuteil wurden, nicht, ob eigentlich der S. 89 dreieinige Gott oder der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist gesprochen hat. Wenn wir uns jedoch hierüber, ohne eine gewagte Behauptung aufstellen zu wollen, in Schwanken und Zagen eine Vermutung gestatten dürfen und die Erscheinungen von einer Person der Dreieinigkeit gelten lassen wollen, warum sollen wir da nicht besonders an den Heiligen Geist denken, wo es doch heißt, daß das dort gegebene Gesetz vom Finger Gottes auf steinerne Tafeln geschrieben wurde?9 Das ist nämlich, wie wir wissen, ein Name, mit dem der Heilige Geist im Evangelium bezeichnet wird.10 Ferner sind von der Tötung des Lammes und der Feier des Osterfestes bis zum Tage, an dem die Ereignisse auf dem Berge Sinai begannen, fünfzig Tage vergangen. Ebenso sind nach dem Leiden des Herrn von seiner Auferstehung an fünfzig Tage vergangen, bis der verheißene Heilige Geist kam. Und eben bei seiner Ankunft, die in der Apostelgeschichte erzählt wird, erschienen feurige Zungen, die sich verteilten und auf jedem von ihnen niederließen.11 Damit stimmt überein, was im Exodus berichtet wird: „Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war.“12 Und ein wenig später heißt es: „Der Anblick der Herrlichkeit des Herrn war wie brennendes Feuer auf dem Gipfel des Berges vor den Israeliten.“13 Wenn aber diese Erscheinungen andeuten sollten, daß so weder der Vater noch der Sohn geoffenbart werden könne ohne den Heiligen Geist, durch den das Gesetz geschrieben werden mußte, dann erkennen wir zwar, daß da Gott erschienen ist, nicht in seiner Substanz, die unsichtbar und unwandelbar bleibt, sondern durch jene geschöpfliche Gestalt. Aber eine bestimmte Person der Dreieinigkeit können wir an einem gerade ihr eigentümlichen Zeichen nicht erkennen, soweit meine Erkenntniskraft zu sehen vermag.


  1. Exod. 19, 18 f. ↩

  2. Exod. 20, 18. ↩

  3. Exod. 20, 21 f. ↩

  4. Exod. 24, 10. ↩

  5. Weish. 8, 1. ↩

  6. Joh. 1, 3. ↩

  7. Röm. 11, 36. ↩

  8. Röm. 1, 20. ↩

  9. Exod. 31, 18. ↩

  10. Luk. 11, 20. ↩

  11. Apg. 2, 1―4. ↩

  12. Exod. 19, 18. ↩

  13. Exod. 24, 17. ↩

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The Fifteen Books of Aurelius Augustinus, Bishop of Hippo, on the Trinity Compare
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On the Trinity - Introductory Essay

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