2. Kapitel. Gott allein besitzt ein unwandelbares Wesen.
3. Ohne Zweifel aber ist Gott eine Substanz oder, wenn der Ausdruck besser ist, ein Wesen — die Griechen sagen dafür οὐσία [ousia]. Wie nämlich von weisesein Weisheit benannt ist, von wissen Wissenschaft, so ist sein (wesen) benannt von Wesenheit. Wer besitzt jedoch das Sein in höherem Maße als jener, der zu seinem Diener Moses sagte: „Ich bin, der ich bin“, und: „Sage den Kindern Israels: Der da ist, hat mich zu euch gesandt“1? Was man jedoch sonst Substanz oder Wesen nennt, begreift Akzidenzien in sich, welche die Grundlage für große oder irgendwelche Wandlungen bilden. Gott aber kann S. 190 etwas Derartiges nicht zukommen. Daher ist nur die Substanz Gottes oder das Wesen, das Gott ist, unwandelbar. Ihm kommt ja wahrhaftig das Sein (Wesen), nach dem die Wesenheit ihren Namen hat, im höchsten und wahrsten Sinne zu. Was nämlich eine Wandlung erleidet, bewahrt nicht das Sein selbst; und was einer Wandlung fähig ist, auch wenn es sich tatsächlich nicht wandelt, kann doch sein Sein, das es hatte, verlieren. So sehen wir, daß nur von jener Wirklichkeit, die nicht nur tatsächlich sich nicht wandelt, sondern auch keiner Wandlung fähig ist, im wahrsten Sinne ohne Bedenken das Sein ausgesagt werden kann.
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Exod. 3, 14. ↩