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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Possidius of Calama (370-437) Vita Augustini Einleitung in die Vita Augustini

7. Augustins Bibliothek in Hippo. Kataloge der Bibliothek. Bücher-Ausleihe.

C. 31,5: „Ecclesiae bibliothecam omnesque codices diligenter posteris custodiendos semper iubebat. “

C. 31,7: „Dimisit (clerum sufficientissimum et monasteria) una cum bibliotheca et libris tractatus vel suos vel aliorum sanctorum habentibus.”

C. 18,8ff. (Er hat soviel geschrieben, daß kaum jemand alles lesen kann) „verum tamen ne veritatis verbi avidissimos in aliquo fraudare videamur, statui deo praestante in huius opusculi fine etiam eorundem librorum, tractatuum et epistularum Indi culum adiungere, quo lecto qui magis dei veritatem quam temporales amant divitias sibi quisque quod voluerit ad legendum eligat, et id ad describendum, vel de bibliotheca Hipponensis ecclesiae petat1 ubi emendatiora exemplaria forte potuerint inveniri, vel unde valuerit inquirat et inventa describat et habeat et petenti ad describendum sine invidia etiam ipse tribuat«. Augustin, weil Mönch, besaß nichts als Privateigentum, also auch keine Bibliothek.2 Es ist daher, wo von der Bibliothek in Hippo die Rede ist, stets an eine Bibliothek zu denken, die Kirchenbibliothek, über die der Bischof ein gewisses Verfügungsrecht besaß. Sofern die heiligen Schriften in der Kirchensprache von alters her „die Bücher“ hießen (s. z. B. II. Clem. 14), bedeutete „Bibliothek“ im engeren Sinn nur die Sammlung der heiligen Schriften, und diese Bedeutung ist wahrscheinlich c. 31, 5 u. 7 anzunehmen, da dort „ecclesiae bibliotheca omnesque codices“ bzw. „bibliotheca et libri“ steht. Dagegen ist 18,8ff. der Ausdruck „bibliotheca“ in einem weiteren Sinn zu verstehen, wie aus dem Kontext deutlich hervorgeht.3 Die Kirchenbibliothek in Hippo, S. 25 deren sorgfältige Erhaltung zum Besten der kommenden Generationen Augustin immer wieder eingeschärft hat, bestand also aus den heiligen Schriften, den Werken, Predigten und Briefen Augustins und auch aus den Predigten anderer.4 Daß sie auch wie die großen orientalischen Kirchenbibliotheken profane Schriften enthalten hat, ist möglich, aber unwahrscheinlich; denn kein Fingerzeig führt zu dieser Annahme.

Augustin hat in den zwei Büchern „Retraktationem“, die er im Jahre 427 ediert hat, nur die „libri“ behandeln können. Er beendigt das Nachwort mit der Bemerkung: „Retractationem in libris duobus edidi, ante quam epistulas et sermones in populum, alias dictatas, alios a me dictos, retractare coepissem“. Das schließt nicht aus, daß er ihre kritische Lektüre bereits begonnen hatte, was sich übrigens auch aus zwei direkten Zeugnissen ergibt.5 Es befanden sich also in der Kirchenbibliothek die Konzepte zahlreicher Briefe Augustins und die Nachschriften zahlreicher Predigten.

Die „Libri“ waren in der Bibliothek fast vollständig vorhanden,6 und Augustin hat sie in ihrer chronologischen Reihenfolge rezensiert (Retract., Praef. : „Daß und wie ich Fortschritte gemacht habe, davon wird sich, denke ich, überzeugen, wer meine Bücher in der Reihenfolge liest, in welcher sie verfaßt sind. Deshalb habe ich die Reihenfolge in diesem Werke nach besten Kräften ans Licht gestellt“). In dieser Reihenfolge standen sie also nicht in der Bibliothek selbst.

Besitzen wir so in dem Werk Augustins „Retractationes“ einen trefflichen chronologischen Katalog der Libri Augustini,7 so haben wir durch Possidius, den „Indiculus“ einen zweiten Katalog, erhalten — ein einzigartiger Glücksfall! Er ist auch auf Grund der Kirchenbibliothek in Hippo gearbeitet, aber nicht nach dem chronologischen Gesichtspunkt, sondern nach einem sachlichen. Man darf annehmen, daß dieser „Indiculus“ wesentlich identisch ist mit dem „Indiculus“ der Bibliothek, den Augustin einmal erwähnt, und daß die Bücher in der Bibliothek nach ihm aufgestellt waren.8 Das Verhältnis zum chronologischen Katalog ist im einzelnen noch nicht untersucht und kann auch hier nicht untersucht werden, da dies zu weit führen würde,9 aber eine Übersicht über den Katalog des Possidius („Indiculus“ ) soll hier folgen10 :

 

S. 26

I. Contra Paganos (23 Titel von „libri“, von „De Academiis 1. III” bis „De civitate dei 1. XXII” — 9 Titel von „epistolae” — 10 Titel von „tractatus”),

II. Contra Mathematicos (1 „liber”, 1 „epistola”),

III. Contra Iudaeos (2 „libri”, 1 „epistola”, 1 „tractatus”),

IV. Contra Manichaeos (28 „libri”, 5 „tractatus”),

V. Contra Priscillianistas (1 „liber“, 2 „epistolae“),

VI. Adversus Donatistas (37 „libri“ und „epistolae“, 8 „tractatus“),

VII. Contra Pelagianistas (16 „libri“, „epistolae“ und „tractactus“),

VIII. Adversus Arianos (10 „libri“ und „epistolae“),

IX. Tractatus diversi adversus supra scriptos (i. e. Arianos) (7 „tractatus“),

X. Adversus Apollinaristas (1 „liber“),

XI. Diversi libri vel tractatus vel epistolae (91 Titel),

XII. Epistolae (178 Titel),

ΧΠΙ. Tractatus (98 Titel),

XIV. De natali domini (70 Titel) (diese Zusammenstellung ist unklar),

XV. De natali domini tractatus septem usw. (33 Titel).

Possidius schließt: „Fient simul [..?.]. Ac per hoc quod memoratus sanctus Augustinus episcopus, spiritu divino actus, in sancta ecclesia catholica ad instructionem animarum fecit libros, tractatus, epistolas numero MXXX11 exceptis iis qui numerari non possunt, quia nec numerum designavit ipsorum.” Der letzte Satz ist undeutlich. Es scheint, daß Augustin einen Teil seiner Werke numeriert hat. Gemeint sind die in den „Retraktationen“ behandelten „libri“; aber sie nicht allein. Hier ist eine zweite Spur dafür zu finden, daß der Indiculus des Possidius der Bibliothekskatalog ist.

Wir besitzen also für die Werke Augustins zwei zeitgenössische Kataloge, einen chronologisch angelegten und einen Realkatalog, jener von Augustin selbst, dieser schon vorher als Bibliothekskatalog unter seiner Ägide besorgt.12

Wie die heiligen Schriften in der Bibliothek zu Hippo untergebracht und geordnet waren und welche Predigten neben denen Augustins dort aufbewahrt worden sind (c. 31, 7), erfahren wir leider nicht. Vielleicht waren die heiligen Schriften durch Aufbewahrung in der Sakristei auch räumlich von den übrigen getrennt.13 Vergeblich würde man wohl auch in der Bibliothek nach den griechischen Übersetzungen Augustinischer Werke gesucht haben. Possidius erwähnt solche (c. 11,3: „libri editi atque in Graecum sermonem translati“) — eine überraschende Nachricht; denn sonst weiß man nur, daß Tertullians „Apologeticus“ und ein paar Akten afrikanischer Synodalbeschlüsse ins Griechische übersetzt S. 27 worden sind —, aber die Übersetzungen sind wahrscheinlich für die transmarinischen Kirchen bestimmt gewesen und auch von ihnen veranlaßt worden.14

Der Katalog, den Possidius der „Vita“ angehängt hat, sollte die Leser veranlassen, sich Bücher Augustins auszuwählen und sie zu kaufen (c. 18, 8ff.). Bücher waren teuer; das beweisen die Worte an die Leser, „qui magis dei veritatem quam temporales amant divitias“. Aus dem Folgenden ergeben sich folgende interessante Erkenntnisse: 1. die Kirchenbibliothek in Hippo besaß die Werke Augustins in reinerer Gestalt, als sie sonst zu finden waren; das ist nicht eine bloße Vermutung des Possidius, denn hier waren ja von Augustin selbst verbesserte Exemplare; 2. die Kirchenbibliothek lieh die Bücher an Private aus, damit sie auf eigene Kosten Abschriften nähmen; 3. jeder Christ, der Bücher zur Erbauung besaß, zumal wenn es durchgesehene Exemplare waren, soll sie auf Bitten zu Abschriften ebenfalls zur Verfügung stellen — „sine invidia“, d. h. er soll nicht in die schlimme Sammlersünde verfallen, Abschriften zu verhindern, um sich seiner Bücher als „Seltenheiten“ zu erfreuen; 4. eine Ausleihe zur Lektüre der Bücher hat es augenscheinlich nicht gegeben, auch gab es keinen Bibliotheksraum zur Lektüre. Possidius setzt den Zustand als normalen voraus, daß, wer ein Buch lesen will, es sich auf seine Kosten abschreiben lassen muß. Das sind wertvolle Nachrichten in bezug auf das Bücherwesen in der späten Kaiserzeit; zugleich aber zeigen sie, wie eifrig Possidius darauf bedacht gewesen ist, die Schriften seines großen Freundes zu verbreiten.


  1. Die Bibliothek bestand also noch und konnte benutzt werden; die Angabe des Possidius (c. 28, 11): „Licet post eius (Augustini) obitum urbs Hipponensis incolis destituta ab hostibus fuerit concremata“ ist daher einzuschranken: Nur ein Teil der Stadt war verbrannt (nicht die Bibliothek), und sie wurde nach kurzer Zeit mindestens zum Teil wieder bezogen. ↩

  2. Wohl aber muß er in bezug auf seine Werke eine Menge von Skripturen, Entwürfen, unfertigen Schnften, verstümmelten Exemplaren usw. ohne Marktwert besessen haben. Was nicht „ediert“ war, gehörte nicht zur Bibliothek, blieb also bei ihm. Die Konzepte seiner Briefe werden sich zum Teil in der Bibliothek — wenn sie die genauen Vorlagen der edierten Briefe waren —befunden haben, zum Teil noch bei ihm; ähnlich wird es bei den Predigten gewesen sein. ↩

  3. C. 31,7 hat auch „libri“ einen weiteren Sinn; denn während sonst „libri, tractatus, epistulae“ unterschieden werden (s. o. sub 6), ist hier von „libri tractatus habentes“ die Rede, d. h. es werden die Predigtsammlungen als libri bezeichnet. Die Bezeichnung „liber“ ist aber ferner auch deshalb zweideutig, weil sie sowohl für ein ganzes Werk (in mehreren Büchern) gebraucht wird als auch für die einzelnen Teile des Werks. Das ist sofort bei der Beurteilung des „Indiculus“ Opp. Augustini zu beachten (s. u.), wo beide Bedeutungen immer wieder nebeneinander sich finden. ↩

  4. „Alii sancti“ heißt es 0.31,7. Es ist nicht an Predigten von Mönchen, sondern von Priestern zu denken; denn auch die Kleriker wurden „sancti“ genannt. — Wenn es c. 31,5 heißt: „Bibliotheca omnesque codices“, so ist zu schließen, daß die Zeit der Buchrollen im Abzuge war und sie den Kodizes Platz gemacht hatten. Das war eine teurere, aber viel bequemere Form, und zugleich konservierte sie die Bücher viel besser. ↩

  5. Ep. 224, 2: „Plurimas iam epistolas legeram, sed adhuc nihil inde dictaveram, cum me etiam isti Juliani libri occupare coeperant.“ Die kritische Lektüre der Briefe folgt auch aus De bono persev. 21 (55), und zwar erkennt man, daß er bereits bis zu den jüngeren Briefen vorgedrungen war. ↩

  6. Über Fehlendes s. Sitzungsber., 1. c. S. 1126. ↩

  7. Über kleine Irrtümer Augustins in der Chronologie der ältesten Bücher s. THIMME. Augustins geistige Entwicklung, 1908, S. 6 ff. ↩

  8. Augustin schreibt (Retract. Il, 67): „Inveni in quodam nostro codice, in quo et iste liber („De videndo deo“) est, quoddam commonitorium a me factum de hac re ad episcopum Siccensem Fortunatianum, quod in opusculorum meorum indiculo nec inter libros nec inter epistulas est notatum.“ Man beachte, daß auch hier sich das seltene Wort „indiculus“ findet als die Bezeichnung des Katalogs, der auch Standortkatalog gewesen sein muß. ↩

  9. Auch die Frage muß untersucht bzw. neu untersucht werden, wie die 1030 Stücke, die Possidius gezählt hat (s. u.), berechnet sind. ↩

  10. Dem Katalog fehlt eine Praefatio; er beginnt sofort mit der Aufzählung der Bücher. Als Praefatio kann c. 18,9 der „Vita“ gelten. ↩

  11. Possidius zählte jeden Brief und jede Predigt für sich (Augustin gibt [Retract. fin.] die Summe der von ihm in den Retract. durchgesehenen „Werke“ auf 93 an in 232 „Büchern“): die Verteilung unter die 15 Hauptabschnitte gibt viele Rätsel auf, deren Lösung bisher nicht unternommen ist. Ganz deutlich ist, daß der Katalog am Schluß noch nicht durchgearbeitet war (IX—XV). ↩

  12. DieWerke Hippolyts sind uns auch in zwei uralten Katalogen überliefert (auf seiner Statue und bei Eusebius); für die „Werke“ Cyprians besitzen wir einen zeitgenössischen Katalog in seiner von Pontius verfaßten „Vita“; s. meine Abhandlung über diese in den „Texten und Untersuchungen“ Bd. 39 (1913). Die Reihenfolge dort ist auch chronologisch, s. meine Altchristl. Lit.-Gesch. 1 S. 695 f. Pontius hat aber die „Briefe“ nicht berücksichtigt. Übrigens hat auch Possidius sich für die Chronologie der Werke Augustins interessiert, wie die Angabe in c. 18, 1 beweist, Augustin habe die antipelagianischen Werke „per annos ferme decem“ ausgearbeitet. ↩

  13. Solange die kanonischen Bücher mit anderen Erbauungsschriften in einem Schranke oder Raum waren, konnte die Gefahr einer Vermengung nicht leicht beschworen werden. ↩

  14. Die Erwähnung des Einflusses Augustins auf diese geht der Erwähnung der Übersetzungen unmittelbar vorher. Daß sie doch auch für Afrika selbst bestimmt gewesen sind, könnte man daraus schließen, daß der Vorgänger Augustins in Hippo, der Bischof Valerius, ein Grieche war, der nicht imstande gewesen ist, eine befriedigende lateinische Predigt zu halten (c. 5,25 s. oben). Aber der Fall kann nur ein ganz singulärer gewesen sein; man darf daher von ihm aus nicht folgern, in Afrika selbst habe noch ein Bedürfnis nach griechischer christlicher Literatur bestanden. Wenn selbst ein Denker wie Augustin ohne Griechisch aufgewachsen ist und nur bescheidene Kenntnisse in dieser Sprache besessen hat, so kann sie keine Rolle mehr in Afrika zu seiner Zeit gespielt haben. Übersetzungen Augustinischer Werke (welcher Werke?) ins Griechische sind übrigens nur hier erwähnt, und es haben sich m. W. keine Spuren mehr von ihnen erhalten. ↩

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