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Bibliothek der Kirchenväter
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Works John Cassian (360-435) Von den Einrichtungen der Klöster (BKV)
Siebentes Buch: Von dem Geiste der Habsucht.

3. Ihrer Natur nach sind die Leidenschaften uns nützlich.

So sehen wir zum Beispiel die einfachen Regungen des Fleisches nicht nur bei Knaben, in denen noch die Unschuld der Erkenntniß des Guten und Bösen vorausgeht, sondern auch an Kindern und Säuglingen. Obwohl sie nicht einmal den Anfang einer bösen Lust in sich tragen, zeigen sie doch, daß die Regungen des Fleisches für sie zum natürlichen Reize da sind. Sehen wir nicht ebenfalls den Stachel wilden Zornes schon im kleinen Knaben sich zeigen, und sehen wir sie nicht, lange bevor sie die Tugend der Geduld kennen, bei Beleidigungen erregt? Und fehlt ihnen auch bisweilen die Kraft, so doch nie der Wille zur Rache, wenn der Zorn sie dazu aufstachelt. Nicht sage ich Dieß, als wollte ich der Natur die Schuld von diesem Zustande geben, sondern um zu zeigen, daß diese Regungen, die in uns aufsteigen, theils zu unserm Nutzen in uns gelegt sind, theils aber durch sündhafte Nachläßigkeit und bedachtsamen bösen Willen von aussen her in uns einziehen. Denn die oben erwähnten fleischlichen Regungen sind zur Fortpflanzung des Menschengeschlechts und zur Erweckung von Nachkommenschaft von Gottes Vorsehung in unsern Leib gelegt, nicht aber zur Verübung schmählicher Entehrungen und Ehebrüche, die auch das Ansehen des Gesetzes verwirft. Und wenn wir etwas tiefer blicken, ist nicht auch der Stachel des Zornes uns recht zum Heile verliehen, damit wir, gegen unsere Fehler und Irrthümer von Zorn entbrannt, uns vielmehr der Tugend und frommen Uebungen befleissen, Gott alle Liebe erweisen und Geduld an unsern Brüdern üben? Wir wissen auch, welchen Nutzen die Traurigkeit hat; und doch wird sie S. 153 zu den Hauptsünden gezählt, wenn sie sich in die entgegengesetzte Stimmung umkehrt. Denn insofern sie sich nach der Furcht Gottes richtet, ist sie sehr nothwendig, sehr verderblich aber, wenn sie sich nach der Welt richtet; so lehrt der Apostel, wenn er sagt: „Die Traurigkeit, welche nach Gott ist, thut Buße, die das Heil sichert; aber die Traurigkeit der Welt bewirkt den Tod.“1


  1. II. Kor. 7, 10. ↩

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