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Works John Cassian (360-435) Sieben Bücher über die Menschwerdung Christi (BKV)
Viertes Buch

9. Er bekräftigt diese Lehre durch das Ansehen der alten Propheten.

Weil wir nun aber bisher meist die evangelischen und apostolischen Zeugen in Anwendung brachten, die als neu gelten können, so wollen wir nun solche von den alten prophetischen anführen, indem wir zuweilen Neues dem Alten beimischen, damit Alle einsehen, daß die hl. Schrift gleichsam mit ihrem ganzen Körper wie mit einem Munde gerufen habe, es werde der Herr im Fleische erscheinen. Es sagt also jener ausgezeichnete und bewunderungswürdige Prophet Jeremias, der reich war wie an Gottes Gnade so an Zeugniß, und dem es allein1 zu Theil ward, vor der Geburt geheiligt zu werden: „Dieser ist unser Herr; es wird kein Anderer mit ihm verglichen werden. Er fand jeden Weg der Zucht und gab ihn Jakob, seinem Diener, und Israel, seinem Liebling. Darnach ward er auf Erden gesehen und wandelte unter den Menschen.“2 Dieser ist also, sagt er, unser Gott. Siehst du nun, daß der Prophet wie mit dem Zeigefinger auf Gott hinweist und wie mit deutender Hand ihn zeigt? Denn dieser ist, sagt er, unser Gott. Sage mir doch, auf welchen Gott der Prophet damals mit diesen Zeichen und Andeutungen hinwies! Aber S. 511 wozu war es denn nöthig, daß Derjenige gezeigt wurde, von welchem Alle glaubten, daß sie ihn kennen? Denn die Juden kannten ja Gott, da sie unter dem Gesetze Gottes lebten. Aber darum handelte es sich, daß sie den Sohn Gottes als Gott kennen lernen sollten. Und deßhalb sagte der Prophet treffend, daß Jener, welcher alle Zucht gefunden d. i. das Gesetz gegeben hatte, auf Erden zu schauen sein d. i. im Fleische kommen werde, damit die Juden, welche nicht zweifelten, daß der Gesetzgeber Gott sei, erkennen möchten, es sei auch Jener Gott, welcher im Fleische erscheinen werde, da sie ja hörten, es werde gerade Derjenige, welchen sie gläubig für Gott, den Gesetzgeber, hielten, unter den Menschen gesehen werden durch die Annahme des menschlichen Fleisches; um so mehr, als Ebenderselbe seine eigene Ankunft durch den Propheten versprach:3 „Siehe, ich selbst, der ich rede, bin da.“ „Es wird also“, sagt die hl. Schrift, „kein Anderer mit ihm verglichen werden.“ Schön hat hier der Prophet, welcher die falschen Lehrbestimmungen voraussah, den ganzen Sinn der häretischen Verkehrtheit ausgeschlossen, da er sagt: „Es wird kein Anderer mit ihm verglichen werden.“ Denn das ist der Eine, der aus Gott zum Gotte geboren wurde, dessen Befehl die ganze Schöpfung folgte, dessen Wille der Anfang der Dinge ist, dessen Machtwort weltschöpferisch war, der sprach, und Alles ward, der befahl, und Alles war geschaffen. Dieser ist der Eine, der zu den Patriarchen sprach, der in den Propheten weilte, der aus dem Geiste empfangen und aus der Jungfrau Maria geboren wurde, der in der Welt erschien, unter den Menschen wandelte, den Schuldbrief der Sünde an das Holz des Kreuzes heftete, durch sich selbst4 triumphirte, der durch seinen Tod die uns widerstrebenden und feindlichen Kräfte vernichtete, Allen die Zuversicht der Auferstehung verlieh und durch die Verherrlichung seines Leibes die Verderbniß des menschlichen Fleisches aufhob. All Dieß ist S. 512 also unserm Herrn Jesus Christus eigenthümlich, und deßhalb wird kein Anderer mit ihm verglichen werden, weil er allein in dieser Einzigkeit der Glorie und Seligkeit Gott von Gott geboren wurde. Das wurde also damals durch die prophetische Lehre bezweckt, daß er von Allen als der eingeborene Sohn Gottes des Vaters erkannt würde; und da sie hörten, daß mit dem Sohne kein anderer Gott verglichen werde, so sollten sie erkennen, daß durchaus im Vater und Sohne der eine Gott sei. „Darnach“, sagt er, „wurde er auf Erden gesehen und wandelte mit den Menschen.“ Siehst du, daß hier deutlich die Ankunft und Geburt des Herrn bezeichnet wird? Oder ist denn jemals der Vater, der, wie wir lesen, nur dem Sohne sichtbar ist, auf Erden gesehen oder im Fleische geboren worden, oder ist er unter den Menschen gewandelt? Durchaus nicht. Du siehst also ein, daß all Dieses von dem Sohne Gottes gesagt ist. Denn da der Prophet sagt, daß Gott auf Erden zu schauen sei, und ein Anderer als der Sohn nicht auf Erden gesehen wurde, so hat ohne Zweifel der Prophet Dieß von keinem Andern gesagt als von Jenem, in Betreff dessen sich nachher das Wort durch die That bewährte; denn wenn er geradezu sagt, Gott werde gesehen werden, so konnte er Dieß von keinem Andern in Wahrheit sagen als von Dem, der nachher wirklich gesehen wurde. Aber hievon mag es jetzt genug sein, und wir wollen zu Anderm übergehen. Der Prophet Isaias sagt:5 „Der Erwerb Ägyptens und Äthiopiens Handelsgewinn und die hohen Männer der Sabäer werden an dich übergehen und dir eigen sein. Hinter dir werden sie gehen, in Handfesseln einherschreiten und werden dich anbeten und anflehen: „„Wahrhaftig in dir ist Gott, und nicht ist ein Gott ausser dir.““ Denn du bist unser Gott, und wir wußten es nicht, Israels Gott und Heiland!“ Wie trefflich stimmen doch die göttlichen Schriften immer zusammen! Denn der vorige Prophet hat S. 513 gesagt: „Dieser ist unser Gott,“ — der jetzige aber: „Du bist unser Gott.“ Bei Jenem also haben wir die göttliche Lehre, bei Diesem das menschliche Bekenntniß. Der Eine entfaltet die Rolle des lehrenden Meisters, der Andere die des bekennenden Volkes. Stelle dir nun den Propheten Jeremias, wie er es ja wirklich thut, als täglich in der Kirche lehrend vor, da er eben über unsern Herrn Jesus Christus sagt: „Dieser ist unser Gott“: was würde doch die ganze Kirche, wie sie auch wirklich thut, Anderes antworten, als was der andere Prophet zu unserm Herrn Jesus Christus sprach: „Du bist unser Gott“; so daß dem gegenwärtigen Bekenntnisse ganz gut auch die frühere Unwissenheit beigesetzt werden kann, da das Volk sagt: „Du bist unser Gott, und wir wußten es nicht;“ denn wohl können Jene, welche früher von teuflischem Aberglauben eingenommen waren und Gott nicht kannten, nach ihrer Bekehrung zum Glauben sagen: „Du bist unser Gott, und wir wußten es nicht.“


  1. Eine solche Reinigung im Mutterleibe kann dem Jeremias „ allein “ etwa unter den Propheten des alten Bundes zugeschrieben werden; sonst hätte Cassian doch wenigstens an die Mutter Gottes und Johannes den Täufer denken müssen. ↩

  2. Baruch 3, 36 ff. Baruch war der Schreiber des Jeremias, und werden daher seine Worte von den Vätern häufig als verba Jeremiae angeführt. ↩

  3. Is. 52, 6. ↩

  4. In eigener Kraft. ↩

  5. Is. 45, 14. 15. ↩

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