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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Jerome (347-420) Dialogi contra Pelagianos libri III Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
I. Buch

23.

Die körperlichen Dinge mögen uns ein Bild der geistigen sein. Der eine ist schnellfüßig, hat aber keine Kraft in den Armen. Ein anderer ist schwerfälligen Ganges, aber ausdauernd im Kampfe. Da hat jemand ein schönes Antlitz, ist aber heiser von Stimme. Wieder einer nennt ein häßliches Gesicht sein eigen, singt jedoch mit süßem Wohlklang. Ein weiterer ist geistreich, aber vergeßlich, während ein anderer zwar ein gutes Gedächtnis besitzt, aber von langsamer Auffassung ist. Selbst bei Disputationen, wie wir sie oft als Knaben in der Schule anstellten, gehen nicht alle gleichmäßig zu Werke was Vorrede, Ausführung, Abschweifungen, Beweisgründe, die Menge der Beispiele und ein wohlgefälliges Schlußwort angeht. Vielmehr weichen sie bald in diesem, bald in jenem Punkte in der Auffassung der Redekunst voneinander ab. Vielleicht ist es noch besser, einmal von den kirchlichen Männern zu sprechen. Viele haben gut über die Evangelien geschrieben, aber in der Erklärung der apostolischen Briefe bewegen sie sich nicht in gleicher Höhe. Andere haben zwar ein sehr gutes Verständnis des Neuen Testamentes, aber bezüglich der Psalmen und des Alten Testamentes sind sie stumm. Dies sage ich alles, weil nicht alle alles können1. Selten findet sich ein Reicher, am Ende gibt S. 375 es gar keinen solchen, der innerhalb seines gesamten Besitztums alle Dinge in gleicher Weise sein eigen nennt. Gott schreibt nur Mögliches vor, das gebe auch ich zu. Aber wir Einzelpersonen können dieses Mögliche nicht in seiner Gesamtheit aufweisen, nicht infolge der Schwäche unserer Natur, dies hieße Gott einen Vorwurf machen, sondern wegen der Trägheit unseres Geistes, der alle Tugenden zugleich und für immer nicht zu besitzen vermag. Wenn du aber dem Schöpfer darüber Vorwürfe machst, daß er dich so erschaffen hat, daß du müde und matt wirst, dann wäre es der gleiche Tadel, nur noch schärfer gefaßt, wenn du mit ihm darüber rechten wolltest, daß er dich nicht zum Gotte gemacht hat. „Aber“, wirst du einwenden, „wenn ich nicht kann, dann habe ich auch keine Sünde.“ Du hast wohl eine Sünde, weil du nicht getan hast, was ein anderer tun konnte. Anderseits ist derjenige, hinter welchem du bei einem Vergleiche zurücktrittst, ein Sünder dir gegenüber, wenn eine andere Tugend als Maßstab angelegt wird, oder wenn er mit einem Dritten verglichen wird. So kommt es, daß jeder, welchem immer du die erste Stelle einräumst, zurücksteht hinter dem, der auf einem anderen Gebiete größer ist als er.


  1. Verg., Bucolica 7, 23. ↩

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