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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Prima Pars Secundae Partis
Quaestio 46

Zweiter Artikel. Der Gegenstand des Zornes.

a) Der Zorn scheint zum Gegenstande zu haben das Übel. Denn: I. Gregor von Nyssa nennt den Zorn „den Waffenträger der Sehnsucht oder der Begierlichkeit“ (de nat. hom. 21.); weil er nämlich bekämpft das, was ein Hindernis für die Begierlichkeit ist, die auf das Gute sich richtet. II. Zorn und Haß kommen überein in der Wirkung. Beide wollen schaden. Der Haß aber hat zum Gegenstande das Übel; also auch der Zorn. III. Der Zorn wird von der Traurigkeit verursacht; weshalb Aristoteles sagt (7 Ethic. 6.): „Der Zorn wirkt zusammen mit der Trauer.“ Also ist auch sein Gegenstand das Böse. Auf der anderen Seite „sucht der Zorn und begehrt die Rache“ nach Augustin. (2. Conf. 6.) Die Rache aber gehört zur Gerechtigkeit. Also richtet sich der Zorn auf etwas Gutes. Sodann ist der Zorn immer mit der Hoffnung, so daß er auch Ergötzen verursacht nach Aristoteles (2 Rhet. 2.); also ist sein Gegenstand etwas Gutes.

b) Ich antworte, die Bewegung im begehrenden Teile folge der Thätigkeit der Auffassungskraft. Diese aber erfaßt etwas 1. nach Art des einfachen Ausdruckes, wie wenn wir verstehen, was das ist: „Mensch“; —2. nach Art von miteinander im Satze verbundenen Ausdrücken, wie wenn wir verstehen, „der Mensch sei weiß.“ Und in beider Weise kann der begehrende Teil zum Guten oder Bösen hin streben. Er strebt in der ersten Weise, wenn er einfach das Gute begehrt oder das Böse flieht; und danach sind die Leidenschaften des Verlangens und der Hoffnung; der Ergötzung und der Trauer u. dgl. Er strebt in der zweiten Weise, wenn das Begehren sich auf etwas richtet, insofern diesem ein Gut oder ein Übel innewohnt, mit ihm verbunden ist oder an ihm geschieht, indem es entweder darauf losgeht oder davon zurückweicht; wie in der Liebe und im Hasse. Denn wir lieben jemanden, insofern wir wollen, es möge ihm Gutes innewohnen; und hassen jemanden, insofern wir wollen, es möge ihm Übles widerfahren. Und ähnlich verhält es sich mit dem Zorne. Denn wer auch immer zürnt, der sucht sich zu rächen an etwas. Und so strebt die Bewegung des Zornes nach zweierlei: 1. nach der Rache, die er erstrebt und sucht als etwas Gutes und woran er sich deshalb ergötzt; und 2. richtet er sich auf jenen, an dem er sich rächen will, wie auf etwas Schädliches und Verderbliches, was den Charakter des Übels hat. Es ist aber ein doppelter Unterschied zu berücksichtigen, der zwischen dem Zorne einerseits und dem Hasse und der Liebe andererseits obwaltet: Der erste ist, daß der Zorn immer zwei Gegenstände hat; — die Liebe und der Haß aber bisweilen nur einen, wenn ich z. B. den Wein liebe oder hasse. Der zweite ist, daß für die Liebe immer das Gute in Beidem als Gegenstand erscheint; denn ich will Gutes jemandem, welchen ich liebe. Und ebenso ist Beides, was der Haß zum Gegenstande hat, etwas Böses, denn er will ein Übel jemandem, der ihm zuwider ist. Der Zorn aber richtet sich auf einen Gegenstand als auf etwas Gutes, nämlich auf die Rache, die er begehrt; und auf den anderen Gegenstand richtet er sich wie auf etwas Böses, auf ein Übel, nämlich auf den ihm verderblichen Menschen, an dem er sich rächen will. Und so ist der Zorn gleichsam zusammengesetzt aus einander entgegengesetzten Leidenschaften.

c) Damit sind die Einwürfe erledigt.

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