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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 44

Fünfter Artikel. Zu dem „aus deinem ganzen Herzen“ wird zukömmlicherweise hinzugefügt: „aus deiner ganzen Seele und aus aller deiner Kraft“.

a) Dieser Zusatz scheint minder zukömmlich zu sein. Denn: I. Das Herz wird hier jedenfalls im geistigen Sinne genommen. Da ist es aber das Nämliche wie die Seele. II. Vom Herzen, mag es geistig oder im körperlichen Sinne aufgefaßt werden, hängt die „Kraft“ ab. Also wird dies überflüssigerweise hinzugefügt: aus deiner ganzen Kraft. III. Matth. 22. steht: „in deinem ganzen Geiste“, was hier ausgelassen ist. Auf der anderen Seite steht die Autorität der heiligen Schrift.

b) Ich antworte, dieses Gebot werde in verschiedener Weise von der heiligen Schrift gelehrt. Deut. 6. wird genannt das Herz, die Seele und die Kraft. Matth. 22. steht bloß: „aus deinem ganzen Herzen“, „in deiner ganzen Seele“ und wird für „aus ganzer Kraft“ gesetzt „in deinem ganzen Geiste“. Mark. 12. wird angeführt das Herz, die Seele, der Geist und die Kraft. Luk. 10. steht anstatt „aus deiner ganzen Kraft“ „aus allen deinen Kräften“. Um davon den Grund anzugeben, muß man bedenken, daß die Liebe eine Thätigkeit des Willens ist; und dieser wird bezeichnet durch das „Herz“. Denn wie das Herz das Princip aller körperlichen Bewegungen ist, so ist der Wille das Princip aller geistigen Thätigkeiten. Drei Vermögen aber sind Principien, von denen Thätigkeit ausgeht und die vom Willen her bewegt und zur Thätigkeit bestimmt werden: die Vernunft; und dafür steht „im ganzen Geiste“; — das niedere Begehrungsvermögen; und dafür steht „aus ganzer Seele“; — die nach außen hin ausübende Kraft; und dafür steht „Kraft“ oder „Stärke“ oder „Kräfte“. Also all unsere Absicht soll auf Gott gehen: „aus ganzem Herzen“; — unsere Vernunft soll Gott Unterthan sein: „aus ganzem Geiste“; — unser Begehren auf das Einzelne hin, soll nach Gottes Willen geregelt werden: „aus ganzer Seele“; — unsere äußeren Glieder sollen Gott gehorchen: „aus ganzer Kraft“. Chrysostomus aber (hom. 42. in Matth.) nimmt „Herz“ und „Seele“ umgekehrt wie eben gesagt worden: „Herz“ für den niederen, „Seele“ für den höheren Teil. Augustin bezieht (I. de doctr. chist. 22.) „Herz“ auf die Gedanken, „Seele“ auf das Leben; „Geist“ auf die Vernunft. Andere meinen: „aus ganzem Herzen“ sei die Vernunft; die Seele sei der „Wille“; der „Geist“ das Gedächtnis. Nach Gregor von Nyssa (de hom. opificio 8.) ist „Herz“ die pflanzliche Seele, „Seele“ die sinnliche, „Geist“ die vernünftige; so daß wir unsere Nahrung, unsere Empfindung, unser Erkennen auf Gott beziehen mussen.

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