6.
Man kann die Heiligen auch dann nachahmen, daß man sich der Einsamkeit, des Stillschweigens und vieler anderer Tugenden befleißt, die unseren leidigen Körper nicht töten werden. Dieser verlangt deshalb eine so außerordentliche Pflege, um die Seele in Unordnung zu bringen. Doch trägt auch der böse Feind viel dazu bei, um diesen unseren Leib unfähig zu machen. Wenn er nur ein wenig Furcht bemerkt, so genügt ihm dies, um uns die Meinung beizubringen, wir würden durch alles Gesundheit und Leben einbüßen. Ja, wenn wir nur Tränen vergießen, flößt er uns schon die Furcht ein, wir möchten dadurch erblinden. Dies habe ich selbst erfahren, darum weiß ich es. Doch weiß ich nicht, zu welch besserem Zwecke wir uns Gesicht und Gesundheit wünschen könnten, als beides um solcher Ursache willen zu verlieren. Bei meinen so vielen und schweren Krankheiten war ich immer gebunden, ohne etwas zu vermögen, bis ich mich endlich entschloß, weder auf den Körper noch auf die Gesundheit zu achten. Zwar tue ich auch jetzt noch sehr wenig. Nachdem aber Gott gewollt, daß ich die List des bösen Feindes einsehen sollte, sprach ich zu diesem, wenn er mir den Verlust der Gesundheit vorstellte: »Wenn ich auch sterbe, so ist wenig daran gelegen.« Ja, aber die Ruhe? »Ich bedarf jetzt keiner Ruhe, sondern des Kreuzes.« Dies und anderes erwiderte ich ihm auf seine Einflüsterungen. Obwohl in der Tat sehr leidend, erkannte ich doch in vielen Fällen klar die Versuchung des bösen Feindes oder meine eigene Schwachheit; denn seitdem ich weniger Bedacht auf mich nehme und mich weniger pflegte, bin ich viel gesünder als vorher. Es ist also für die Anfänger, die das innerliche Gebet zu üben beginnen, eine Sache von großer Wichtigkeit, sich keinen mutlosen Gedanken hinzugeben. Dies möge man mir glauben, weil ich durch die Erfahrung darüber unterrichtet bin; und so könnte denn diese Erzählung meiner Fehler noch den Nutzen haben, daß andere sich ein warnendes Beispiel an mir nehmen.