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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Siebenunddreißigstes Hauptstück

9.

Heute habe ich mich nun in der Tat beim Herrn reichlich entschädigt und es gewagt, bei Seiner Majestät mich zu beklagen. Ich sprach da zu ihm: »Wie, o mein Gott, ist es denn nicht genug, daß du mich in diesem elenden Leben zurückhältst, und daß ich es aus Liebe zu dir ertrage und da leben will, wo alles mich nur hindern kann, dich zu genießen; wo ich nur essen, schlafen, den Geschäften obliegen und mit allen Leuten verkehren muß? Dies alles ist mir, wie du, o mein Herr, wohl weißt, die größte Marter; aber aus Liebe zu Dir erdulde ich sie. Und da verbirgst du noch in den wenigen Augenblicken, die mir für dich bleiben, dein Angesicht vor mir? Wie verträgt sich dies mit deiner Barmherzigkeit? Wie kann die Liebe, die du zu mir hast, dieses dulden? Wäre es mir möglich, wie vor dir, o Herr, zu verbergen, wie du dich vor mir verbirgst, so würde dies, wie ich denke und glaube, deine Liebe zu mir nicht gestatten; aber du bist allzeit bei mir und siehst mich immer. Nein, dies ist nicht zu ertragen, o mein Herr! Bedenke doch, ich bitte dich, daß dadurch denen eine Unbill widerfährt, die du so sehr liebst.« Diese und ähnliche Worte sprach ich, obwohl ich zuvor einsah, daß im Vergleiche mit meinen Verschuldungen der Ort, der in der Hölle für mich schon bereitet war, noch eine Gnade gewesen wäre; aber manchmal überschreitet die Liebe so sehr alles Maß, daß ich auf mich selbst nicht mehr achte, sondern mich ganz solchen Klagen hingebe. Und dies alles duldet der Herr von mir. Gepriesen sei ein so guter König! Dürften wir wohl gegen irdische Könige so vermessen sein? Zwar wundere ich mich nicht, wenn man sich mit dem Könige nicht zu reden getraut; denn es ist billig, daß man ihn und die Herren, die als Oberhäupter gelten, fürchte. Aber jetzt ist es in der Welt so, daß das Leben der Menschen länger dauern müßte, um nur die Ehrenbezeigungen und die stets wechselnden Höflichkeitsgebräuche lernen zu können, falls man noch ein wenig Zeit dem Dienste Gottes widmen will. Beim Anblicke dieses Treibens erschrecke ich. Ich wüßte wahrlich nicht mehr, wie ich leben sollte, wenn ich mich mit solchen Dingen befassen müßte; denn man nimmt es nicht leicht auf, wenn jemand mit Versehen einem nicht weit größere Ehre erweist, als ihm gebührt, sondern es wird dies im Ernste als eine Beleidigung angesehen, so daß man sie damit entschuldigen muß, keine böse Absicht bei seinem Versehen gehabt zu haben; und da gebe Gott, daß man es glaube.

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Das Leben der heiligen Theresia von Jesu

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