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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Vierzigstes Hauptstück

21.

Der Herr wollte, daß die mir von Seiner Majestät verliehenen Gnaden öffentlich bekannt werden sollten. Er hatte mir dies schon mehrere Jahre vorher zu meinem großen Leid vorausgesagt; ich habe dadurch in der Tat bis auf den heutigen Tag, wie euer Gnaden wissen, nicht wenig ausgestanden, weil ein jeder diese Gnadenerweisungen nach seinem Sinne auslegt. Es war mir aber ein Trost, daß sie nicht durch meine Schuld offenbar wurden; denn ich habe mich mit großer Sorgfalt aufs äußerste gehütet, mit jemand darüber zu sprechen, außer mit meinen Beichtvätern und mit Personen, von denen ich wußte, daß sie es von ihnen vernommen hatten. Der Grund, warum ich mit sonst niemand davon sprach, war aber nicht Demut, sondern weil es mich, wie gesagt, schwer ankam, selbst mit den Beichtvätern darüber zu reden. Jetzt mache ich mir, Gott sei Dank, sehr wenig mehr daraus, wenn manche auf gutem Eifer scharfen Tadel über mich aussprechen, andere mit mir zu verkehren und sogar mich Beicht zu hören sich fürchten, und wieder andere viele Dinge mir nachreden. Denn ich sehe ein, daß der Herr durch das Bekanntwerden seiner mir gespendeten Gnaden vielen Seelen helfen wollte; es ist mir dies ganz klar geworden. Auch bedenke ich, wie vieles der Herr selbst nur für eine einzige Seele leiden würde. Ich weiß nicht, ob zu dieser Gemütsruhe nicht auch der Umstand beiträgt, daß seine Majestät mich in dieses so abgelegene Winkelchen gesetzt hat. „Ich dachte mir schon, ich würde hier wie ein Toter ganz und gar vergessen sein; aber es ist mein Wunsch doch nicht so ganz erfüllt worden, denn noch immer bin ich genötigt, mit einigen Personen zu reden. Da ich jedoch an einem Orte bin, wo man mich nicht sehen kann, so glaube ich, daß mich der Herr in einen Hafen hat führen wollen, wo ich, wie ich zu Seiner Majestät hoffe, sicher bin. Fern von der Welt und in einer kleinen und heiligen Genossenschaft schaue ich gleichsam von der Höhe herab und achte sehr wenig, was man über mich sagt oder erfährt. Mehr als alles, was man über mich sagen kann, würde ich es achten, wenn durch mich auch nur eine einzige Seele ein wenig gefördert würde; darauf zielen, seitdem ich in diesem Hause bin, durch die Gnade des Herrn alle meine Wünsche. Mein Leben ist eine Art Traum geworden; und ich glaube fast immer alles, was mir in die Augen fällt, wie im Traum zu sehen. Ich bemerke weder Freude noch besonderes Leid in mir. Bringt aber ein Ereignis den einen oder anderen dieser Eindrücke in mir hervor, so vergeht er so schnell wieder, daß ich mich darüber verwundere; und ich empfinde nicht mehr davon, als wie wenn ich geträumt hätte. Das ist volle Wahrheit; wollte ich auch wegen einer Freude fröhlich oder wegen eines Leidens traurig sein, so wäre dies ebensowenig in meiner Gewalt, als ein vernünftiger Mensch Freude oder Leid über einen gehabten Traum empfinden könnte. Denn der Herr hat jetzt meine Seele von all dem losgeschält, was früher aus Mangel an Abtötung und Erstorbensein für die Dinge dieser Welt mein Gemüt bewegte, und er will nicht, daß sie wieder in die Verblendung zurückkehre.

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