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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Siebentes Hauptstück

1.

Ich fing an, mich von einem Zeitvertreib in den anderen, von einer Eitelkeit in die andere und von einer Gelegenheit in die andere zu werfen. Zuletzt geriet ich in so gefährliche Gelegenheiten, und meine Seele war in eine Menge von Eitelkeiten so sehr verstrickt, daß ich mich scheute, fernerhin mit Gott so vertraulich zu verkehren, wie es beim innerlichen Gebete geschieht. Dazu kam, daß mit dem Anwachsen meiner Sünden der Geschmack und die Freude an Tugendübungen immer mehr in mir schwand. Ich erkannte ganz klar, daß dies daher rührte, weil ich dir, o mein Herr, nicht getreu geblieben bin. Es war aber die furchtbarste Täuschung, in die mich der Teufel unter dem Scheine der Demut versetzen konnte, daß ich mich vor der Übung des innerlichen Gebetes scheute, weil ich mich so böse sah. Als die Schlimmste unter den Schlimmen hielt ich es für besser, mit dem großen Haufen zu gehen und bloß noch die schuldigen mündlichen Gebete zu verrichten, als im innerlichen Gebete so vertrauten Umgang mit Gott zu pflegen, da ich vielmehr verdiente, in der Gesellschaft der höllischen Geister zu sein. Auch glaubte ich durch diese Übung nur die Leute zu täuschen; denn äußerlich hatte ich immer nee den Schein des Guten an mir bewahrt. Aus diesem Grunde ist auch dem Kloster, in dem ich mich befand, wegen meiner keinerlei Schuld beizumessen; durch mein geschicktes Benehmen hatte ich es dahin gebracht, daß man nur die beste Meinung von mir hegte. Doch verfolgte ich nicht absichtlich diesen Zweck, indem ich etwa ein christliches Leben geheuchelt hätte; denn, Gott sei die Ehre, ich erinnere mich nicht, ihn je durch Heuchelei oder eitle Ruhmsucht beleidigt zu haben; wenigstens bin ich mir dessen nicht bewußt. Sobald mir auch nur die erste Regung dazu kam, war mir dies gleich so zuwider, daß der Teufel mit Verlust abzog, indes mir der Gewinn verblieb. Es hat mich darum auch der höllische Geist in dieser Hinsicht von jeher nur wenig angefochten. Hätte ihm aber Gott so heftige Angriffe gegen mich gestattet wie in anderen Dingen, so wäre ich vielleicht auch hier unterlegen. Doch Seine Majestät hat mich bis jetzt davor bewahrt; sie sei dafür in Ewigkeit gepriesen! Weit entfernt also, mich absichtlich zu verstellen, war es mir vielmehr sehr lästig, daß man eine so gute Meinung von mir hege; denn nur zu gut war mir selbst bewußt, was anderen an mir verborgen war. Diese beurteilten mich nur nach dem, was sie äußerlich Lobenswertes an mir gewahrten, und so kam es, daß sie mich nicht für so schlimm hielten, als ich es selbst erkannte. Sie sahen nämlich, wie ich noch so jung und trotz so vieler Gelegenheiten zur Zerstreuung oftmals in die Einsamkeit mich zurückzog, um da meine mündlichen Gebete zu verrichten oder in frommen Büchern zu lesen; wie ich häufig von Gott redete und gern das Bildnis des Herrn an vielen Orten malen ließ; wie ich mein eigenes Oratorium hatte und es mit Gegenständen der Andacht auszustatten trachtete; wie ich von niemand Übles sprach und andere dergleichen Gewohnheiten hatte, die den Schein der Tugend an sich trugen. Dazu verstand ich es, eitel wie ich war, durch solche Vorzüge, auf die die Welt einen Wert zu legen pflegt, die Achtung anderer zu gewinnen. Kein Wunder also, wenn man mir großes Vertrauen schenkte und ebensoviel, ja noch mehr Freiheit gestattete als selbst den älteren Nonnen. Denn selber mir eine Freiheit herauszunehmen und unerlaubterweise etwas zu tun, wie z. B. durch die Mauerlücken oder bei der Nachtzeit mit Auswärtigen zu verkehren, dies, glaube ich, hätte ich im Kloster nicht über mich bringen können. So etwas habe ich niemals getan; denn der Herr hielt mich an seiner Hand. Ich hatte vieles absichtlich und genau betrachtet, und demnach würde ich es für eine große Übeltat gehalten haben, durch die Bosheit meiner Person die Ehre so vieler braver Nonnen aufs Spiel zu setzen. So betete ich, gleich als ob mein übriges Verhalten gut gewesen wäre. Um aber der Wahrheit Zeugnis zu geben, muß ich doch bekennen, daß das Böse, das ich getan, soviel es auch gewesen, nicht mit so vollkommener Überlegung geschah, wie es bei Übertretungen genannter Art der Fall gewesen wäre.

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