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Works Gregory of Nyssa (335-394) In sanctum Pascha Dritte Rede auf das heilige Osterfest und über die Auferstehung

4.

Wir werden aber dieses Verhältniß gut einsehen, wenn wir nach Dem, was wir bisher gesagt, auch die Art und Weise unserer Geburt prüfen, nicht jene erste und älteste, die von Gott kam, über die im Vorgehenden Dieß gesagt worden ist, sondern Die, welche bis jetzt nacheinander von der Natur vollbracht wurde. Denn diese ist undurchdringlich und dem menschlichen Verstande unzugänglich. Denn wie erstarrt der Same, ein feuchtes, gestaltloses und formloses Ding, zum Haupte, nimmt feste Gestalt an in den Beinen und Rippen, und bildet das Gehirn, weich und S. 358 klebrig, und den umgebenden Knochen, so fest und hart den mannigfachen Bau des lebenden Wesens, um es kurz zu sagen und nicht durch Eingehen auf die einzelnen Punkte mich zu sehr in Kleinigkeiten zu verlieren? Wie nun der Same, der anfangs gestaltlos ist, Gestalt annimmt und sich zu einem großen Umfang auswächst, indem er von der geheimnißvollen Kunst Gottes bearbeitet wird, so ist es keineswegs auffallend, sondern ganz natürlich, daß die Materie in den Gräbern, die nicht Gestalt hatte, sich wiederum zur alten Form erneuert, und daß aus dem Staube wiederum ein Mensch wird. Wie er nun am Anfang von daher seinen Ursprung nahm, so wollen wir Gott so viel Macht zuerkennen, als der Töpfer besitzt. Denn wollen wir untersuchen, was dieser thut! Er nimmt gestaltlosen Lehm und verarbeitet ihn zu einem Gefäße, und indem er dieses dem Sonnenstrahle aussetzt, trocknet er es und macht es fest. Das Gebilde aber ist ein Krug oder eine Schüssel oder ein Faß. Wenn nun Etwas zufällig darauf fällt und es umstürzt, so wird es beim Umfallen zerbrochen und wird zu gestaltloser Erde. Der Künstler aber, wenn es ihm beliebt, macht den Unfall rasch wieder gut, und indem er mit seiner Kunst wiederum den Lehm gestaltet, stellt er ein eben so gutes Gefäß wie das frühere wieder her. Und dieser Töpfer ist ein kleines Geschöpf der göttlichen Macht. Gott aber glaubt man nicht, wenn er verspricht, er wolle den Gestorbenen wieder zu neuem Leben zurückrufen? Das verräth großen Unverstand.

Wollen wir auch das Gleichniß vom Weizen betrachten, mit dem der hochweise Paulus die Unverständigen belehrt, indem er sagt: „Thor, was du säest, ist nicht der Körper, der entstehen soll, sondern ein bloßes Korn, etwa ein Weizenkorn, oder sonst ein Samenkorn. Gott aber gibt ihm einen Körper, wie es ihm beliebt.“1 Wollen wir S. 359 genau Acht haben auf die Entstehung des Weizens, und wir werden bald die Erklärung der Auferstehung finden. Der Weizen wird in die Erde gestreut. Wenn er aber in der Feuchtigkeit verfault und so zu sagen abgestorben ist, wird er zuletzt zu einer milchigen Substanz, die, wenn sie etwas fest geworden, sich zu einem spitzigen und weissen Stachel bildet. Ist sie aber so weit entwickelt, daß sie aus der Erde hervordringt, so schlägt sie aus der weissen Farbe allmählig ins Grüne um. Hierauf wird es ein Gräschen und ragt wie das Haupthaar über die Schollen. Wenn es sich über ihnen ausgebreitet und dieselben mäßig bedeckt hat, so nährt es von unten die vielästige Wurzel und setzt für die zukünftige Schwere eine Stütze in Bereitschaft. Und wie die Mastbäume der Schiffe von allen Seiten mit sehr vielen Tauen angezogen werden, damit sie mit gleicher Kraft nach verschiedenen Seiten gezogen feststehen, so werden auch die strickartigen Abzweigungen der Wurzel zu Handhaben und Stützen der Ähren. Wenn aber der Weizen in den Halm schießt und in die Höhe emporstrebt, stützt ihn Gott durch Glieder und Knoten, indem er ihn wie ein Haus mit Klammern befestigt wegen der in Aussicht stehenden Schwere des Haarwuchses. Wenn hierauf die Kraft in Bereitschaft steht, durchbricht er den Kelch und treibt die Ähre. Und da gibt es wieder größere Wunder. Denn in einer Reihe umgibt sie der Weizen, und jedes Korn hat seinen besonderen Behälter, und an der Spitze sind die scharfen und feinen Hacheln angebracht, ich glaube, als Waffen gegen die Körner fressenden Vögel, damit sie, von ihren Spitzen gestochen, die Frucht nicht verletzen. Siehst du, was für ein Wunderwerk ein einziges abgefaultes Korn zu Stande bringt, und mit wie vielen es, da es allein in die Erde gesenkt ward, aufersteht? Ein Mensch aber erhält keinen weiteren Zuwachs, sondern nimmt wieder, was er hatte, und deßhalb erscheint unsere Wiedererneuerung weniger schwer als der Anbau des Weizens.

Gehe von da über zur Betrachtung der Bäume, wie S. 360 bei ihnen der Winter in jedem Jahre die Stelle des Todes vertritt. Denn es fällt das Obst ab, und sinkt das Laub hernieder und dürre stehen die Bäume, jeden Schmuckes beraubt. Kommt aber die Zeit des Frühlings heran, so werden sie mit den anmuthigsten Blüthen übergossen, und nach den Blüthen bildet sich die Hülle des Laubes und zieht dann als ein schönes Schauspiel die Blicke der Menschen auf sich und wird zu einer Werkstätte der singenden Vögel, die auf den Blättern sich niederlassen, und es umstrahlt sie eine wunderbare Anmuth, so daß Viele ein mit Gold und thessalischen und lakonischen Steinen verziertes Haus verließen und im Aufenthalte unter Bäumen ein größeres Vergnügen fanden. Deßhalb schlug auch der Patriarch Abraham unter einer Eiche sein Zelt auf,2 keineswegs als ob er kein Haus hätte bauen können, sondern weil er vom Vergnügen bezaubert wurde, das von den Zweigen kam.


  1. I. Kor. 15, 37. ↩

  2. Gen. 18, 4. ↩

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Dritte Rede auf das heilige Osterfest und über die Auferstehung

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