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Gastmahl oder Die Jungfräulichkeit (BKV)
„Gastmahl“ oder „Die Jungfräulichkeit“.
S. 281 [Personen des Dialogs: Eubulios. Gregorion. Arete. Marzella. Theophila. Thaleia. Theopatra. Thallusa. Agathe. Prozilla. Thekla. Tysiane. Domnina.]
Eub.: Ah, Gregorion, das trifft sich aber gut, daß du mir in den Weg kommst; gerade suchte ich dich. Denn mich verlangt nach Kunde von dem Kreise der Marzella und Theopatra und der andern Jungfrauen, die beim Mahle damals sich zusammen fanden, nach Kunde von den, Gesprächen über die Jungfräulichkeit: wie die gelautet haben. Es heißt ja, so sonderlich glänzend und wacker hätten die Jungfrauen disputiert, daß sie nichts mehr von allem, was zur Sache von Belang, zu sagen übrig ließen. Drum, sollte ein anderer Zweck dich herführen, so schieb solches wieder auf und stehe nicht an, nunmehr in unserm Anliegen der Reihe nach uns alles zu vermelden!
Greg.: Da hat man es! Ich täuschte mich in meiner Erwartung. Schon hat ein anderer zuvor dir Aufschluß gebracht über die Dinge, die dich interessieren. Und ich meinte, du möchtest noch nie und nichts in der Angelegenheit vernommen haben, und bildete mir wohl etwas darauf ein und machte Staat damit, die erste sein zu dürfen, die dir die Neuigkeit bringen sollte! Darum ja war ich voller Eile, nur schnell hieher zu Euch zu kommen — und eben darauf war es mir Angst, daß mir ein anderer den Rang abliefe!
Eub.: Tröste dich! Wir haben ja nichts Genaues erkundet in jenen Dingen — du Wohledle. Der die Botschaft brachte, wußte nur das eine zu berichten, daß Gespräche stattgefunden hätten. Auf unsere Frage nach dem Was und Wie kannte er aber keinen Bescheid.
Greg.: Wollt Ihr dann, was gesprochen wurde von Anfang an alles hören? (Deshalb bin ich eigentlich hie- S. 282 hergekommen.) Oder soll ich jenes übergehen, dieses erwähnen, soweit ich etwas noch der Erwähnung wert sein lasse?
Eub.: Nein, nein! Von vorne an vermelde uns zuerst vom Orte, da jene Gesellschaft tagte, liebwerte Gregorion; dann von den Gerichten und ihrer Zubereitung, und von dir selbst, wie du den Wein kredenztest! „... aus gold'nen Pokalen „tranken sie Freundschaft, den Blick zu den Weiten des Himmels erhoben.“1
Greg.: Du bist doch immer der Löwe, wenn man mit dir spricht und so recht voller Übermut; ohne sonderliche Umstände versetzest du einem jeden eins!
Eub.: Liebe Gregorion, es ist nicht der Mühe wert, daß du darum jetzt dich ereiferst. Das war doch unsere Bitte: Erzähle uns die Dinge von Anfang an! Nichts anderes.
Greg.: Nun gut, ich will es versuchen. Zuvörderst aber antworte du mir: Kennst du wohl der Philosophia Tochter, die Arete?
Eub.: Was solls?
Greg.: Sie war es, in deren Garten — gen Aufgang ist seine Lage — die Einladung uns rief, zu kosten von des Jahres Früchten. Wir gingen hin, „ich“ — also erzählte mir Theopatra, denn von ihr bin ich berichtet — „Prozilla und Tysiane. Liebste Gregorion, was war das für ein rauher und schlimmer Pfad, jäh bergan, auf dem wir schritten! Schon näherten wir uns (erzählte Theopatra) dem Platze — da trat uns eine weibliche Gestalt in den Weg. Hoch war ihr Wuchs, schön ihre Formen. Lautlos und majestätisch schritt sie einher. Sie trug ein Gewand, das leuchtete über und über wie Schnee. Und alles an ihr war so göttliche, wahrhaft unbeschreibliche Schönheit. Tiefe Züchtigkeit und dabei doch erhabene Majestät blühten auf ihrem Antlitz, ihr Auge blickte streng und dennoch voller Milde: Nie seit ich denke, sah ich Heiterkeit in solcher Mischung (rief die Erzählerin); und alles an ihr war goldecht, nichts trug sie an sich von erlogenem Schein. Also dies herrliche Weib S. 283 schritt auf uns zu und, hoher Freude voll, als wäre sie unsere Mutter und sähe uns wieder nach langer Trennung, schlang sie die Arme um eine jede und küßte uns. So sprach sie dazu: Meine Töchter, wie sehr verlangt mich in die Aue der Unverwelklichkeit Euch zu geleiten! Nun seid Ihr mir gekommen, mühsam — vielfältiges Schlangengezücht am Wege hat mit Schrecken Euch versucht. O, meine Blicke gingen nieder zu Euch, ich sah Euch oftmals vom Pfade weichen und Furcht kam über mich, ein Schritt zurück möchte Euch den Absturz in die Tiefen bringen. Doch, dank dem Bräutigam, dem wir Euch angelobten, Ihr lieben Kinder: Er hat unsern Gebeten vollgültige Erhörung gewährt! — Unter diesen Worten waren wir (so die Erzählerin) in die Umhegung eingetreten — die Tore standen noch offen —, und drinnen trafen wir allbereits Thekla an, Agathe und Marzella; sie waren bereit zum Mahle. So habe dann alsbald Arete gebeten: Wollet nun auch Ihr bei diesen Schwestern Eurer Art hier der Reihe nach zum Mahle Euch lagern! Wir waren dort, rechne ich recht, an Gästen zehn an der Zahl (so mein Bericht). Das Plätzchen selbst war wunderschön über alle Maßen, ganz erfüllt von köstlichster Ruhe. Eine Luft durchflutete den Raum, gewürzt mit reinen Strahlen des Lichtes, unmerklich fast und doch so wohlgetan! Ein Quell in der innersten Mitte sprudelte leise, als wäre es Öl, süßesten Trank hervor und das klare, reine Wasser floß dahin und bildete Brünnlein. Die aber ergossen sich, einem Strome gleich, über die Ufer und tränkten so den ganzen Boden, Welle an Welle spendend. Es standen denn auch mancherlei Bäume dort, mit frischem Obste reich beladen, und wie die Früchte so lachend herabhingen, floß alles zusammen zu einer einzigen Pracht. Da gab es immerblühende Anger, besäet mit einem Himmel von duftenden Blumen; und ein milder Hauch ging davon aus und trug einen Ozean von Wohlgerüchen herüber. Hier in der Nähe ragte ein hochgewachsener Baum — Agnos; unter dem ruhten wir, um seines Riesendaches und seines dichten Schattens willen.“
Eub.: Ich glaube, dein Mund, wohledle Freundin, verkündet ein neues Paradies und seine Ruhe! S. 284
Greg.: Du triffst die Wahrheit, rätst du so. „Nun hatten wir am reichbesetzten Mahle uns gelabt und mannigfacher Freude genossen und nichts war da mehr an Erquickungen, dessen wir noch Mangel spüren mochten. Da trat hernach (erzählte sie) Arete herein und also hub sie an: Herzliebe Mägdlein, Ihr der Stolz meiner höchsten Gedanken, Ihr jungfräulich-schönen Gärtnerinnen in Christi nie Versehrten Auen, die Ihr pfleget mit der Keuschheit Lilienhänden, nunmehr sei es genug des Schmausens und Behagens; denn in Fülle und neidlosem Maße bot alles, was unser ist, sich dar. Was mag es nun sein, was ich noch mehr will? Worauf warte ich noch? Daß eine Lobrede jede von Euch auf die Jungfräulichkeit spreche. Marzella soll den Reigen eröffnen, sie, die den ersten Platz einnimmt und zudem auch Alterskönigin ist. Und wenn sie dann trefflich um den Preis gerungen: ich müßte mich selbst verachten, machte ich nicht aus ihr ein Ziel eifernder Nachahmung, wenn ich dann der Weisheit makellose Blätterkrone ihr um die Stirne winde.
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II. δ. 3,4. ↩
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The Banquet of the Ten Virgins
Plan of the Work; Way to Paradise; Description and Personification of Virtue; The Agnos a Symbol of Chastity; Marcella, the Eldest and Foremost Among the Virgins of Christ.
Persons of the Dialogue: Euboulios, 1 Gregorion, Arete; Marcella, Theophila, Thaleia, Theopatra, Thallousa, Agathe, Procilla, Thekla, Tusiane, Domnina.
Euboulios. You have arrived most seasonably, Gregorion, for I have just been looking for you, wanting to hear of the meeting of Marcella and Theopatra, and of the other virgins who were present at the banquet, and of the nature of their discourses on the subject of chastity; for it is said that they argued with such ability and power that there was nothing lacking to the full consideration of the subject. If, therefore, you have come here for any other purpose, put that off to another time, and do not delay to give us a complete and connected account of the matter of which we are inquiring.
Gregorion. 2 I seem to be disappointed of my hope, as some one else has given you intelligence beforehand on the subject respecting which you ask me. For I thought that you had heard nothing of what had happened, and I was flattering myself greatly with the idea that I should be the first to tell you of it. And for this reason I made all haste to come here to you, fearing the very thing which has happened, that some one might anticipate me.
Euboulios. Be comforted, my excellent friend, for we have had no precise information respecting anything which happened; since the person who brought us the intelligence had nothing to tell us, except that there had been dialogues; but when he was asked what they were, and to what purpose, he did not know.
Gregorion. Well then, as I came here for this reason, do you want to hear all that was said from the beginning; or shall I pass by parts of it, and recall only those points which I consider worthy of mention?
Euboulios. By no means the latter; but first, Gregorion, relate to us from the very beginning where the meeting was, and about the setting forth of the viands, and about yourself, how you poured out the wine
"They in golden cups
Each other pledged, while towards broad heaven they looked." 3
Gregorion. You are always skilful in discussions, and excessively powerful in argument--thoroughly confuting all your adversaries.
Euboulios. It is not worth while, Gregorion, to contend about these things at present; but do oblige us by simply telling us what happened from the beginning.
Gregorion. Well, I will try. But first answer me this: You know, I presume, Arete, 4 the daughter of Philosophia?
Euboulios. Why do you ask?
Gregorion. "We went by invitation to a garden of hers with an eastern aspect, to enjoy the fruits of the season, myself, and Procilla, and Tusiane." I am repeating the words of Theopatra, for it was of her I obtained the information. "We went, Gregorion, by a very rough, steep, and arduous path: when we drew near to the place," said Theopatra, "we were met by a tall and beautiful woman walking along quietly and gracefully, clothed in a shining robe as white as snow. Her beauty was something altogether inconceivable and divine. Modesty, blended with majesty, bloomed on her countenance. It was a face," she said, "such as I know not that I had ever seen, awe-inspiring, yet tempered with gentleness and mirth; for it was wholly unadorned by art, and had nothing counterfeit. She came up to us, and, like a mother who sees her daughters after a long separation, she embraced and kissed each one of us with great joy, saying, O, my daughters, you have come with toil and pain to me who am earnestly longing to conduct you to the pasture of immortality; toilsomely have you come by a way abounding with many frightful reptiles; for, as I looked, I saw you often stepping aside, and I was fearing lest you should turn back and slip over the precipices. But thanks to the Bridegroom to whom I have espoused 5 you, my children, for having granted an effectual answer to all our prayers.' And, while she is thus speaking," said Theopatra, "we arrive at the enclosure, the doors not being shut as yet, and as we enter we come upon Thekla and Agathe and Marcella preparing to sup. And Arete immediately said, Do you also come hither, and sit down here in your place along with these your fellows.' Now," said she to me, "we who were there as guests were altogether, I think, ten in number; and the place was marvellously beautiful, and abounding in the means of recreation. The air was diffused in soft and regular currents, mingled with pure beams of light, and a stream flowing as gently as oil through the very middle of the garden, threw up a most delicious drink; and the water flowing from it, transparent and pure, formed itself into fountains, and these, overflowing like rivers, watered all the garden with their abundant streams; and there were different kinds of trees there, full of fresh fruits, and the fruits that hung joyfully from their branches were of equal beauty; and there were ever-blooming meadows strewn with variegated and sweet-scented flowers, from which came a gentle breeze laden with sweetest odour. And the agnos 6 grew near, a lofty tree, under which we reposed, from its being exceedingly wide-spreading and shady."
Euboulios. You seem to me, my good friend, to be making a revelation of a second paradise. 7
Gregorion. You speak truly and wisely. "When there," she said, "we had all kinds of food and a variety of festivities, so that no delight was wanting. After this Arete, 8 entering, gave utterance to these words:--
"Young maidens, the glory of my greatness, beautiful virgins, who tend the undefiled meadows of Christ with unwedded hands, we have now had enough of food and feasting, for all things are abundant and plentiful with us. 9 What is there, then, besides which I wish and expect? That each of you shall pronounce a discourse in praise of virginity. Let Marcella begin, since she sits in the highest place, and is at the same time the eldest. I shall be ashamed of myself if I do not make the successful disputant an object of envy, binding her with the unfading flowers of wisdom.'
"And then," I think she said, "Marcella immediately began to speak as follows."
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In Migne's ed. Euboulion, but apparently with less authority; and probably because the name is connected with that of Gregorion. Euboulios is a man, and Gregorion a woman. ↩
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[Gregorion answers to the Diotima of Socrates in Plato's Banquet, and talks like a philosopher on these delicate subjects.] ↩
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Hom., Il., iv. 3, 4. ↩
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A personification of virtue, the daughter of philosophy. [i.e., of philosophy not falsely so called.] ↩
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2 Cor. xi. 2. ↩
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"A tall tree like the willow, the branches of which were strewn by matrons on their beds at the Thesmophoria, vitex agnuscastus. It was associated with the notion of chastity, from the likeness of its name to hagnos."-- Liddell and Scott. ↩
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[Much of this work suggests a comparison with the Hermas of vol. ii., and Minucius Felix seems not infrequently reflected.] ↩
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[Virtue presides, and "to the pure all things are pure;" but the freedoms of the converse must offend unless we bear in mind that these are allegorical beings, not women in flesh and blood.] ↩
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[See the oration on Simeon and Anna, cap. 10, infra.] ↩