32.
Daher war das Wort nicht außer dem Fleische, als dieses litt; deshalb spricht man auch von seinem Leiden. Wenn aber das Wort in göttlicher Weise die S. 286 Werke des Vaters wirkte, war das Fleisch nicht außer ihm, vielmehr wirkte diese wieder der Herr gerade im Leibe. Deshalb sagte er auch als Menschgewordener: „Wenn ich die Werke meines Vaters nicht tue, so glaubet mir nicht! Wenn ich sie aber tue, so glaubet, wenn ihr mir nicht glauben wollt, doch meinen Werken, damit ihr erkennet, daß in mir der Vater ist und ich in ihm“1. Gewiß streckte er in menschlicher Weise seine Hand aus, da es einmal sein mußte, die fieberkranke Schwiegermutter des Petrus wiederaufzurichten, in göttlicher Weise aber hob er die Krankheit2. Und bei dem Blindgeborenen entnahm er dem Fleische den menschlichen Speichel, in göttlicher Weise aber öffnete er mit dem Kote die Augen3. Bei Lazarus ließ er als Mensch eine menschliche Stimme hören, in göttlicher Weise aber erweckte er als Gott den Lazarus von den Toten4. Dies aber geschah so und nahm man wahr5, weil er nicht dem Scheine nach, sondern in Wirklichkeit einen Leib hatte. Es geziemte sich aber, daß der Herr, wenn er menschliches Fleisch anzog, dieses voll und ganz mit all seinen Leiden anzog, damit, wie wir den Leib ihm eigen nennen, so auch die Leiden des Leibes nur ihm zugeschrieben werden, wenn sie auch seine Gottheit nicht berührten. Wenn also der Leib einem andern gehörte, dann könnte man jenem auch die Leiden zuschreiben, wenn aber das Fleisch dem Worte angehört — denn das Wort ist Fleisch geworden —, so müssen auch die Leiden des Fleisches von ihm ausgesagt werden, dem auch das Fleisch gehört. Von dem man aber die Leiden aussagt, wie solche besonders das Verurteiltwerden, Gegeißeltwerden, Dürsten, das Kreuz und der Tod sind und die weiteren Schwächen des Leibes, von dem kommt auch die gute Tat und die Gnade. Deshalb werden also folgerichtig und billig solche Leiden nicht von einem andern, sondern vom Herrn S. 287 ausgesagt, damit auch die Gnade von ihm komme, und wir nicht Anbeter eines andern, sondern wahre Gottesverehrer werden, weil wir keines von den entstandenen Wesen und nicht irgendeinen gewöhnlichen Menschen, sondern den naturhaften und wahren Sohn aus Gott und zwar ihn auch, nachdem er Mensch geworden ist, gleichwohl als Herrn, Gott und Heiland anrufen.