Einleitende Notizen
S. 333 Dieser Brief über die Erklärung der Psalmen wird in den Handschriften und Druckausgaben dem größeren Werke: „Erklärungen über die Psalmen“ vorausgeschickt und bildet eine Einleitung zu demselben, indem er allgemeine Bemerkungen über die Psalmen bringt, die im größeren Werke einzeln und ausführlicher erklärt werden. Ob Athanasius selbst die kleinere Schrift als Einleitung der größeren vorausgeschickt habe oder nicht, und ob die kleinere oder größere früher von ihm abgefaßt worden sei, kann uns gleichartig sein. Das Zeugniß der II. Synode von Nicäa, 787, daß Athanasius diesen Brief der Erklärung der Psalmen vorausgeschickt habe, hat jedenfalls einen höheren Werth als Montfaucons nichts sagende Bemerkung, daß der Brief an Marcellinus nicht wie eine Vorrede aussehe.
Athanasius lobt den Marcellinus, daß er sich Vorzugsweise auf das Studium der Palmen verleg, und theilt ihm von K. 2 bis zu Schlusse K. 33 die Bemerkungen mit, die einst in seiner Gegenwart ein Greis über die Psalmen gemacht habe. Das Buch der Psalmen umfasse in Kürze Alles, was in den übrigen Büchern der heiligen Schriften enthalten sei. K. 2 - 9. Von K. 9 bis zum Schlusse K. 33 wird die S. 334 ascetische Seite der Psalmen behandelt. Die Psalmen haben nämlich das Eigentümliche, daß der, welcher sie hört oder liest, sie auf sich beziehen, sie in seinem eigenen Namen vortragen kann und die Bewegungen seiner eigenen Seele ausgedrückt findet. Die Psalmen enthalten nämlich nicht bloß geschichtliche Darstellungen, Prophezeiungen und Ermahnungen, sondern auch Gebete in verschiedenen Lagen des Lebens und in verschiedenen Zuständen der Seele. Dank-, Bitt- und Lobgebete, ausserdem Bekenntnisse und Ausbrüche der Reue. Von K. 27 - 29 wird erklärt, daß die melodische Form den harmonischen Inhalt der Gedanken anzeige, ferner daß Gott auch durch den melodischen Vortrag verherrlicht werden soll. — Wollen wir aus dem Buche der Psalmen einen geistigen Gewinn ziehen, so sollen wir uns in die Stimmung versetzen, in der irgend ein Psalm geschrieben ist, aber Nichts an den Worten ändern, denn wir finden keine besseren. K. 30. 31. Wir werden dann Erhörung in allen unsern Anliegen finden. K. 32. Im alten Testamente verscheuchte man durch die bloße Lesung der Schriften die Dämonen. Ebenso möge man auch jetzt zu Exorcismen nicht auswärts entlehnte schöne Worte, sondern die Worte der heiligen Schrift gebrauchen.