6. Kapitel.
Als nun endlich der Drache den Antonius auch hierin nicht niederringen konnte, sondern sehen mußte, wie er ausgestoßen ward aus seinem Herzen, da knirschte er mit den Zähnen, wie geschrieben steht,1 und, wie von Sinnen, stellte er sich ihm, wie er in seiner ganzen Artung ist, auch in der äußeren Erscheinung dar, nämlich als ein schwarzer Knabe.2 Als ob er sich S. 696 unterwerfen wollte, griff er ihn nicht mehr durch Gedanken an - denn er war verscheucht worden, der Listige -, sondern sagte mit menschlicher Stimme: "Viele habe ich verführt und die meisten überwunden. Jetzt aber, als ich, wie gegen so viele, auch gegen dich und deine Anstrengungen losging, bin ich schwach geworden." Da fragte Antonius: "Wer bist denn du, der so zu mir spricht?" Und jener rief mit jammernder Stimme: "Ich bin ein Freund der Unzucht; ich habe als meine Aufgabe übernommen die Verlockungen zu ihr und ihre Reizmittel zum Schaden der Jünglinge, und Geist der Unzucht ist mein Name. Wie viele, die tugendhaft leben wollten, habe ich getäuscht, wie viele, die enthaltsam3 waren, habe ich durch meine Lockung betört! Ich bin der, um dessentwillen auch der Prophet die Gefallenen tadelt, wenn er spricht: 'Durch den Geist der Unzucht seid ihr getäuscht worden!'4 Denn durch mich waren sie zu Fall gekommen. Ich bin der, der dich so oft bedrängt hat, der so oft von dir überwunden worden ist." Antonius aber dankte dem Herrn, faßte Mut gegen ihn und erwiderte: "Man kann dich gar wohl gründlich verachten; denn du bist schwarz in deiner Seele und schwach wie ein Kind. Ich habe deinetwegen nicht die geringste Sorge mehr. 'Denn der Herr ist meine Hilfe, und ich verachte meine Feinde.'"5 Als das der Schwarze hörte, entfloh er sogleich voll Furcht über diese Worte und scheute sich, dem Heiligen auch nur mehr nahezukommen.