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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Grégoire de Nazianze (329-390) Orationes XLV Reden (BKV)
IV. Rede

102.

Julian wendet ein: „Uns gehört Wissenschaft und Bildung1, denn wir verehren die Götter. Für euch paßt Dummheit und Rohheit; euer oberster Grundsatz und eure Weisheit ist: Glaube!“ Die, welche unter euch der pythagoreischen Philosophie anhängen, würden wohl über die Glaubenspflicht nicht lachen. Denn ihr erster und wichtigster Beweis ist: „Pythagoras hat es gesagt.“ Diese Worte gelten ihnen mehr als die goldenen und selbst in Blei gegossenen Gedichte. Den in die Philosophie des Pythagoras Eingeweihten wurde, nachdem S. 140 sie zuerst das viel gepriesene Silentium2, um sich durch das Schweigen im mäßigen Gebrauch des Wortes zu üben, beobachtet hatten, vorgeschrieben, daß sie, wenn sie über irgendeine Lehre befragt und ausgeforscht und um einen Grund gebeten würden, nur die eine Antwort geben dürften: „Pythagoras hat es so gelehrt.“ Was ihm eingegeben wurde, sei das nicht zu bekrittelnde, nicht zu untersuchende Lehrprinzip. Mit anderen Buchstaben und anderen Worten wird durch die Erklärung: „Er hat es gesagt“, das gleiche ausgedrückt wie durch unsere Formel „Glaube!“, mögt ihr euch auch darüber lustig machen und darüber spotten. Für uns besagt die Formel, daß wir den Worten der von Gott inspirierten Männer nicht mißtrauen dürfen, daß vielmehr ihre Glaubwürdigkeit die Wahrheit ihrer Lehre garantiert, und zwar besser als jede kritische Auseinandersetzung.


  1. ἑλληνίζειν [hellēnizein]; in Kap. 5 gebraucht er dafür den Ausdruck ἀττικίζειν [attikizein]. ↩

  2. Es dauerte 5 Jahre. ↩

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