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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
FÜNFZEHNTE HOMILIE: Kap. VIII, V. 12—27.

6.

Siehst du, wie der Apostel dem Zuhörer durch Beschämung zusetzt, als ob er sagen wollte: Setz’ dich doch nicht unter die leblose Schöpfung herab und bleib doch nicht an den gegenwärtigen Dingen kleben! Wir dürfen nicht nur nicht festhalten an ihnen, sondern müssen vielmehr seufzen darüber, daß wir sie erst so spät verlassen dürfen. Denn wenn die Schöpfung das tut, so ist es doch nur billig, daß auch du, der du durch Vernunft ausgezeichnet bist, eine solche Sehnsucht zeigst. —Aber das ist noch kein genug starker Antrieb; darum fährt der Apostel fort:

V. 23: „Aber nicht allein sie, sondern auch wir selbst, die wir doch einen Vorbesitz des Geistes haben, seufzen in unserm Innern“,

d. h. im Vorgenuß des Zukünftigen. Denn wenn einer, will er sagen, so unbeweglich wie ein Stein wäre, so müßten doch die bereits empfangenen Gnadengeschenke hinreichend sein, daß er sich dazu aufraffe, den gegenwärtigen Dingen den Abschied zu geben und sich zu den zukünftigen aufzuschwingen, und das aus einer doppelten Erwägung: daß nämlich das bereits Geschenkte so groß und daß es trotz seiner Größe und Menge nur eine Voranzahlung ist. Wenn nun aber die Voranzahlung so groß ist, daß wir durch sie von Sünden befreit und der Gerechtigkeit und Heiligkeit teilhaftig werden, ja daß die ersten Christen sogar Teufel austreiben und durch den Schatten ihrer Kleider Tote auferwecken konnten, bedenke dann, wie groß das Ganze sein muß. Und wenn die Schöpfung, die doch verstand- und vernunftlos ist und nichts davon begreift, darnach seufzt, wieviel mehr wir! — Damit der Apostel ferner den Irrlehrern keine Handhabe biete und es nicht den Anschein bekomme, als verwerfe er die irdische Welt, so sagt er, daß „wir seufzen“, aber nicht als Anklage gegen die irdischen Dinge, sondern aus Verlangen nach größeren. Das bringt er zum Ausdruck, wenn er sagt:

„auf die Gotteskindschaft wartend“

— Doch sag’ mir, was soll das heißen? Immerfort S. b289 sprichst du davon und rufst es uns zu, daß wir bereits Kinder (Gottes) geworden sind, nun stellst du dieses Gut als ein solches hin, das wir erst zu erhoffen haben, indem du schreibst, daß wir darauf warten müssen? Er berichtigt dies durch den Zusatz:

„Die endgiltige Erlösung unseres Leibes“,

d. h. die vollendete Herrlichkeit 1. Jetzt ist nämlich unser Zustand noch unsicher bis zum letzten Atemzuge. Viele, die Söhne waren, sind Hunde geworden und Gefangene. Sind wir aber einmal mit günstiger Hoffnung abgeschieden, dann kann uns das Geschenk (der Gotteskindschaft) nicht mehr genommen werden, dann tritt es deutlicher und größer hervor, dann hat es keinen Wechsel mehr zu befürchten von Tod und Sünde. Dann bleibt uns auch die Gnade fest, wenn unser Körper befreit sein wird vom Tode und von unzähligen Leiden. Denn das ist dann eine endgiltige Erlösung, nicht eine nur vorübergehende Loslösung, so daß wir nicht mehr in die frühere Gefangenschaft zurückkehren. Damit du nämlich nicht im Ungewissen bleibst, wenn du immer von der „Herrlichkeit“ hörst und es nie recht klar verstehst, legt dir der Apostel die zukünftigen Güter in Teilen vor: die Verwandlung deines Leibes und dann die Verwandlung der ganzen Schöpfung. Dasselbe bringt er an einer anderen Stelle deutlicher zum Ausdruck, wo er sagt: „Welcher den Leib unserer Niedrigkeit umgestalten wird, damit er gleichgestaltet sei dem Leibe seiner Herrlichkeit“ 2. Und an einer anderen Stelle wieder schreibt er: „Wenn aber das Sterbliche angezogen hat die Unsterblichkeit, dann wird sich erfüllen das Wort, das geschrieben steht: „Verschlungen ist der Tod im Siege“ 3. Und um zu zeigen, daß mit der Vernichtung des Leibes eine Umwandlung der irdischen Dinge vor S. b290 sich gehe, schreibt er wieder anderwärts: „Denn die Gestalt dieser Welt vergeht“ 4.

V. 24: „Denn durch Hoffnung werden wir selig.“

— Der Apostel hat sich im bisherigen lange mit der Verheißung zukünftiger Dinge abgegeben. Einem im Glauben schwächeren Zuhörer hätte das etwas verdrießlich vorkommen können, daß all das Gute erst zu erwarten stehe. Er hat darum früher nachgewiesen, daß es ja doch sicherer sei als das Gegenwärtige und Sichtbare. Er hat sich auch über die uns bereits verliehenen Gnaden verbreitet und gezeigt, daß wir uns schon im Vorbesitz dieser Güter befinden. Damit wir nun nicht alles schon im Diesseits haben wollen und uns des Adels begeben, der uns vom Glauben kommt, sagt er: „Denn durch Hoffnung werden wir selig.“ Der Sinn dieser Worte ist folgender: Man darf nicht alles schon im Diesseits haben wollen, sondern man muß auch hoffen. Denn das Einzige, das wir Gott zum Geschenke bringen können, ist ja, ihm Glauben zu schenken, wenn er uns Zukünftiges verspricht. Auf diesem Wege allein können wir selig werden. Verlieren wir den, dann verlieren wir alles, was wir dem Glauben zum Opfer gebracht haben. Ich frage dich, will der Apostel sagen: Warst du nicht tausenderlei Übeln unterworfen? Warst du nicht hoffnungslos verloren? War nicht der Stab über dich gebrochen? Hatten dich nicht alle aufgegeben? Was hat dich nun doch gerettet? — Einzig und allein, daß du auf Gott gehofft und an das geglaubt hast, was er dir verheißen und auch wirklich gegeben hat. Etwas mehr hattest du ja nicht beizubringen. Wenn dich nun dieser Glaube gerettet hat, so halte auch jetzt daran fest. Wenn er dir bisher soviel Gutes eingetragen hat, wird er dich auch in betreff des Zukünftigen nicht täuschen. Er hat dich als einen Toten vorgefunden, als einen Verlorenen, einen Gefangenen, einen Feind, und hat dich zu einem Freund, einem Sohn, einem Freien, einem Gerechten, einem Miterben gemacht. So viel hat er dir gebracht, als niemand je erwartet hätte. Wie sollte er S. b291 dich nach so viel Liebe und Wohlwollen in Hinkunft im Stiche lassen? — Sag’ mir also nicht: Wieder nur Hoffnungen, wieder nur Warten, wieder nur Glaube! Auf diese Weise bist du ja von allem Anfang an gerettet worden, und das ist ja das einzige Geschenk, das du deinem Bräutigam anbieten kannst. Halte also fest daran und beharre dabei! Wenn du schon hier alles haben willst, dann hast du dein Verdienst verloren, durch das du hervorgeleuchtet hast. Darum fährt er fort:

„Eine Hoffnung, die man sieht, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, wie hofft er noch darauf?“V. 25: „Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so wollen wir es mit Geduld erwarten.“

D. h. wenn du schon hienieden alles haben willst, was braucht es da noch eine Hoffnung? Denn was ist denn Hoffnung? Ein festes Vertrauen auf die Zukunft. Was verlangt denn Gott Großes von dir, er, der dir aus seinem Eigenen so viel Gutes geschenkt hat? Eines nur verlangt er von dir — Hoffnung, damit doch du selbst auch einen Beitrag leistest zu deiner Rettung. Das deutet der Apostel an, wenn er hinzusetzt: „Wenn wir auf das, was wir nicht sehen, hoffen, so erwarten wir es mit Geduld.“ Denn geradeso wie Gott denjenigen krönt, der arbeitet, Ungemach erträgt und sich tausendfältig abmüht, so auch den, der hofft. Denn das Wort „Geduld“ hat den Nebenbegriff von Schweiß und viel Plage. Aber doch hat Gott auch das dem Hoffenden beschert, um der Seele, wenn sie müde wird, Trost zu spenden.


  1. Das Wortspiel im Griechischen: „ἀπολύτρωσις“ und im Gegensatz dazu ‚λύτρωσις“ läßt sich im Deutschen nicht leicht ebenfalls durch ein Wortspiel wiedergeben. Απολύτρωσις bedeutet die „endgiltige und vollständige Erlösung“, λύτρωσις eine vorübergehende und teilweise. ↩

  2. Phil. 3, 21. ↩

  3. 1 Kor. 15, 54. ↩

  4. 1 Kor. 7, 31. ↩

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