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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SIEBZEHNTE HOMILIE: Kap. IX, V. 1—33.

2.

Wieso das? fragst du. Wenn der Apostel anathema — ausgestoßen — sein wollte, damit die andern den Glauben erlangten; so hätte er sich dasselbe auch für die Heiden wünschen müssen; wenn er es sich bloß für die Juden wünscht, so zeigt er damit, daß er es nicht aus Liebe zu Christus wollte, sondern aus Liebe zu seinen Stammesgenossen. — Doch nein, sage ich; wenn er es sich für die Heiden gewünscht hätte, wäre seine Liebe zu Christus nicht in derselben Weise hervorgetreten; gerade daß er es sich nur für die Juden wünschte, beweist, daß seinem Wunsche rein nur Eifer für die Ehre Christi zugrunde lag. — Ich weiß, daß euch diese meine Behauptung sonderbar vorkommt; um euch zu beruhigen, will ich sie euch sogleich klar zu machen suchen. — Der Apostel hat den oben angeführten Ausspruch nicht ohne Grund getan. Bei den Juden seiner Zeit war nämlich folgende Klage gegen Gott allgemein: sie seien doch gewürdigt worden, Söhne Gottes zu heißen, sie hätten S. d23 das Gesetz empfangen, sie hätten die richtige Gotteserkenntnis vor allen andern Völkern gehabt, ihnen sei so große Auszeichnung widerfahren, sie hätten früher als die ganze andere Welt die richtige Gottesverehrung geübt, ihnen allein seien Verheißungen und Stammväter gegeben worden, ja sie seien, das Größte von allem, die Voreltern Christi geworden — denn das besagt der Satz: „von denen Christus dem Fleische nach stammt“ — und nun würden sie mit Schmach hinausgestoßen, und an ihre Stelle träten Heiden, Menschen, die niemals eine richtige Gotteserkenntnis gehabt hätten. Solche gotteslästerliche Reden mußte nun Paulus mit Schmerz anhören. Aus Kummer darüber, wie dadurch Gottes Ehre Abbruch geschehe, wünschte er anathema zu sein, wenn es dadurch möglich würde, daß die Juden zum Heile gelangten, daß solche Gotteslästerung aufhöre und es nicht den Anschein habe, als sei Gott gegen die Nachkommen jener, denen diese glänzenden Verheißungen gemacht worden waren, wortbrüchig geworden. Damit man ersehe, wie sehr es ihn schmerze, daß die Verheißung Gottes an Abraham: „Dir will ich dieses Land geben und deiner Nachkommenschaft“ 1 nicht als erfüllt gelte, darum sprach der Apostel jenen Wunsch aus. — Nach diesen Worten fährt er fort:

V. 6: „Nur das nicht, daß unerfüllt geblieben sei Gottes Wort.“

Damit bringt er zum Ausdruck, daß er alles das ertragen wolle mit Rücksicht auf das Wort Gottes, d. h. auf die dem Abraham gemachte Verheißung. In ähnlicher Weise trat auch Moses bei Gott scheinbar für die Israeliten als Fürsprecher ein, in Wirklichkeit handelte auch er aus Sorge um die Ehre Gottes. „Laß ab von deinem Zorn gegen sie“, bittet er, „damit es nicht heiße: deswegen, weil er sie nicht retten konnte, hat er sie hinausgeführt, um sie in der Wüste zugrunde gehen zu lassen“ 2. Ebenso sagt auch Paulus: Damit es nicht heiße, daß die Verheißung Gottes unerfüllt geblieben ist, daß seine Versprechungen trügerisch gewesen sind, daß S. d24 sein Wort nicht zur Tat geworden ist, darum wollte ich anathema — ausgestoßen — werden. Das alles aber konnte er nicht von den Heiden sagen. Ihnen war keine solche Verheißung gemacht worden, sie hatten keine wahre Gottesverehrung geübt; darum gab es keine Lästerung Gottes ihretwegen. Aber wegen der Juden, denen die Verheißung zuteil geworden war, die vor allen andern Gott nahestanden, derentwegen wünschte sich der Apostel solches. Du siehst also, wie wahr meine Worte sind: Hätte der Apostel der Heiden wegen (das Anathema) gewünscht, so wäre nicht so klar zum Ausdruck gekommen, daß er es aus Rücksicht auf die Ehre Christi getan. Da er aber für die Juden anathema — ausgestoßen — zu sein wünschte, so geht klar daraus hervor, daß er dieses Verlangen einzig und allein wegen Christus hatte. Darum sagte er: „Denen die Kindschaft, die Herrlichkeit, der Gottesdienst und die Verheißung gehörte.“ Von dorther, will er sagen, kam das Gesetz, welches von Christus redete, und alle die Bündnisse bezogen sich auf sie. Von ihnen stammte Christus ab, und die Väter, welche die Verheißungen über ihn bekommen hatten, gehörten alle ihnen an. Und dennoch widerfuhr ihnen das Gegenteil von allen diesen Verheißungen; sie gingen aller Güter verlustig. Das schmerzt mich, will er sagen, und wenn es möglich wäre, ausgeschieden zu werden aus dem Chor der Heiligen, die Christus umgeben, und los von ihm leben zu müssen — freilich nicht los von seiner Liebe, das sei ferne, denn aus Liebe ging ja sein Wunsch hervor, sondern los vom Genüsse seiner Herrlichkeit —, so würde ich das auf mich nehmen, damit man meinen Herrn nicht weiter lästere, damit ich nicht weiter Reden anhören müßte wie folgende: Das ist doch rein zum Lachen: Den einen hat er das Versprechen gegeben, den andern hat er es gehalten; von den einen stammte er ab, die andern führte er zum Heile; den Vorvätern der Juden hatte er Verheißungen gemacht, ihre Nachkommen ließ er im Stich und setzte Leute in den Genuß ihrer Güter, die ihn niemals vorher gekannt hatten; jene mühten sich ab mit der Beobachtung des Gesetzes und mit dem Lesen der Weissagungen der Propheten, und diese, die eben S. d25 erst von den Altären der Götzen hergekommen waren, erhielten den Vorzug vor ihnen. Wo ist da das Walten einer Vorsehung zu erkennen? Damit man also, will er sagen, nicht so über meinen Herrn spreche — wenn es auch mit Unrecht geschieht —, darum möchte ich gerne auf das Himmelreich und seine unaussprechliche Herrlichkeit verzichten und alle Übel ertragen; mein größter Trost wäre es, keine Lästerungen mehr gegen den hören zu müssen, den ich so sehr liebe. Solltest du aber Pauli Wort noch nicht fassen, so bedenke, daß auch viele Väter oft solche Opfer für ihre Kinder bringen. Sie nehmen freiwillig die Trennung von ihnen auf sich, um sie in angesehener Stellung zu sehen. Sie ziehen das Glück ihrer Kinder dem Behagen des Beisammenseins mit ihnen vor.

Weil wir von einer so echten Gottesliebe, wie sie Paulus hatte, weit entfernt sind, darum vermögen wir seinen Ausspruch nicht zu fassen. Gibt es doch Leute — sie sind eigentlich gar nicht wert, den Heiligen auch nur anzuhören —, die so wenig Verständnis für seinen Liebeseifer haben, daß sie glauben, er spreche hier vom zeitlichen Tode. Von denen möchte ich behaupten, daß sie von Paulus so wenig Ahnung haben wie ein Blinder vom Sonnenstrahl, ja noch viel weniger. Ein Mensch wie er, der jeden Tag dem Tod ins Auge sah, der beständig in Gefahren schwebte, der ausrief: „Was wird mich scheiden von der Liebe Christi? Etwa Trübsal oder Angst, oder Verfolgung oder Hunger?“ dem ein solches Bekenntnis nicht genügte, der sich vielmehr im Geiste aufschwang zum Himmel und den Himmel der Himmel, der Engel und Erzengel Heim und was noch darüber hinaus liegt, in kühnem Geistesfluge durchmaß, der Gegenwart und Zukunft, Sichtbares und Unsichtbares, Freud und Leid, und was es sonst noch gibt, ohne jeglichen Ausschluß mit seinem Geiste umfaßt; ja, der, noch nicht zufrieden damit, sich sogar eine neue Welt, die noch nicht ist, in seinem Geiste schafft — der sollte, wenn er etwas ganz Großes ausdrücken will, dabei an den zeitlichen Tod denken?


  1. 1 Mos. 12, 7. ↩

  2. 5 Mos. 9, 28. ↩

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