7.
Ihn wollen auch wir nachahmen! Niemand rücke seiner Frau die Armut vor, niemand suche an ihr nur das Geld; und alles ist gelöst. Aber auch die Frau sage zu ihrem, Manne nicht: Du feige Memme, du saumseliger, träger, schläfriger Mensch! Der und der, obschon gering und von niedriger Herkunft, hat sich durch keine Unternehmungen und Reisen ein großes Vermögen erworben, und seine Frau trägt jetzt goldenen Schmuck, fährt mit einem Schimmelgespanne aus, läßt sich überall sehen, hat Scharen von Sklaven und einen Schwarm von Kammerdienern1 ; du aber traust dir gar nichts zu und weißt nicht, wozu du auf der Welt bist! - Solche und ähnliche Reden führe die Frau nicht; denn sie ist der Leib, nicht um dem Haupte Vorschriften zu machen, sondern um zu folgen und zu gehorchen. - Wie soll sie aber die Armut ertragen, wirft man mir ein, worin soll sie Trost finden? - Sie stelle bei sich Vergleichungen an mit solchen Frauen, die noch ärmer sind als sie; sie erwäge weiters, wie viele vornehme Mädchen von edler Herkunft nicht bloß von ihren Männern nichts empfangen, sondern vielmehr ihnen zugebracht und ihr ganzes Vermögen aufgewendet haben; sie beherzige die Gefahren, die aus solchem Reichtum erwachsen: dann wird sie ihr stilles und ruhiges Leben freudig begrüßen. Und überhaupt, wenn sie ihren Mann herzlich lieb hat, wird sie in keiner Weise Derartiges reden; sondern es wird ihr lieber sein, ihren Mann, auch wenn er keine Schätze erwirbt, um sich zu haben, als viele Millionen zu besitzen und dazu die Angst und Sorge, die eine Frau bei Abwesenheit ihres Mannes immer befällt. -
Doch auch der Mann, wenn er solche Reden hören muß, mache von der ihm zustehenden Gewalt nicht in der Weise Gebrauch, daß er zu Schimpfworten und Schlägen greift, sondern er ermahne sie, weise zurecht, S. 431 suche sie als den schwächeren Teil in Güte zu belehren; nie und nimmer erhebe er gegen sie die Hand - das komme einem freien Manne gar nicht in den Sinn -, und ebensowenig stoße er gegen sie Schimpfworte, Vorwürfe und Lästerungen aus, sondern er unterweise sie als den unverständigeren Teil! - Wie wird ihm aber dies möglich sein? Wenn sie den wahren Reichtum kennenlernt, die himmlische Weisheit, wird sie ihm keine derartigen Vorwürfe machen. Er belehre sie also, daß die Armut kein Übel ist! Er bringe ihr das nicht bloß durch Worte bei, sondern auch durch sein eigenes Beispiel! Er lehre sie äußeren Glanz verachten, und die Frau wird von nichts solchem sprechen noch darnach verlangen. - Als ob er ein kostbares Kleinod empfangen hätte, so lehre er sie vom ersten Abend an, wo er sie in das Brautgemach aufnimmt, ein sittsames und bescheidenes Leben, indem er gleich von vornherein, sozusagen von der Schwelle weg, die Liebe zum Gelde in ihr unterdrückt; er unterrichte sie in der wahren Weisheit und rede ihr zu, nicht Goldschmuck in den Ohren, an den Wangen und am Halse zu tragen oder in der Wohnung aufzubewahren, noch goldgestickte und prächtige Kleider sich anzuschaffen; sie sei stets reinlich und ordentlich gekleidet, aber die Nettigkeit arte nicht aus in freche Üppigkeit! Überlasse das vielmehr den Schauspielern und schmücke du dein Haus mit bescheidenem Anstande, auf daß darin statt anderer Wohlgerüche lieber die Sittsamkeit ihren Duft verbreite. - Daraus wird sich ein doppelter und dreifacher Vorteil ergeben. Fürs erste bleibt der Braut der Schmerz erspart, daß am Tage nach der Hochzeit die Kleider, das Gold- und Silberzeug den Eigentümern zurückgeschickt werden müssen. Zweitens braucht der Bräutigam nicht in Sorgen zu sein, daß man auf die zusammengeborgten Sachen achtgebe und daß nichts davon verlorengehe. Dazu kommt drittens noch der Hauptvorteil; er bekundet eben dadurch seine Gesinnung, S. 432 daß er nämlich an solchen Dingen keine Freude habe, daß er auch in Zukunft allen Luxus abschaffen und niemals unanständige Tänze und Lieder dulden werde.
Ich weiß wohl, daß manchen vielleicht solche Vorschriften lächerlich erscheinen; allein wenn ihr mir folgen wollt, so werdet ihr mit der Zeit durch den Nutzen, den ihr daraus ziehet, die Vorteilhaftigkeit derselben einsehen. Dann wird der Spott verstummen, und ihr werdet die jetzt herrschende Sitte verlachen und finden, daß das jetzige Tun und Treiben in Wahrheit dem Gebaren unverständiger Knaben und betrunkener Männer gleicht, daß dagegen die Befolgung meines Rates von Besonnenheit, Weisheit und himmlischem Wandel zeugt, - Was verlange ich also? Daß du alle schändlichen, satanischen Gesänge, alle unehrbaren Lieder, das Zusammenkommen zuchtloser junger Leute von deiner Hochzeit ausschließest; dadurch wird es dir möglich sein, deine Braut sittsam zu erhalten. Im ersten Augenblick nämlich wird sie bei sich selbst denken: Ei, was ist das für ein Mann? Das ist ein Philosoph, der hält ja das gegenwärtige Leben für nichts und hat nicht bloß geheiratet, damit ich ihm Kinder gebäre und aufziehe und das Hauswesen besorge. - Das muß aber der Braut doch recht unlieb sein? - Am ersten und zweiten Tage, ja; länger aber nicht. Sie wird vielmehr in der Folge daraus die größte Freude schöpfen, weil sie so von jedem Argwohn befreit wird. Denn ein Mann, der weder Musik noch Tanz noch weichliche Gesänge duldet, und das selbst an seinem Hochzeitstage nicht, wird schwerlich jemals etwas Unanständiges tun oder reden. Nach der Hochzeit aber, wenn du all das vorhin Gesagte von ihr ferne gehalten hast, bilde deine Frau in der rechten Weise, indem du ihre Verschämtheit auf lange Zeit hinaus zu erhalten suchst und sie nicht gleich zerstörst. Denn selbst wenn ein Mädchen weniger verschämt ist, weil es eine Zeitlang zu schweigen, S. 433 weil es vor dem Manne Scheu hat und in dem neuen Verhältnisse sich noch fremd fühlt. Diese Verschämtheit nun sollst du nicht gleich zerstören, wie es die unenthaltsamem Männer tun, sondern auf lange Zeit hinaus zu erhalten suchen. Das wird für dich von großem Vorteile sein. Sie wird dir solange keine Vorwürfe machen und deine Bildungsversuche nicht tadeln.
εὐνούχων ↩
