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Von den göttlichen Namen (Edith Stein)
5.
Wenn Er aber jedes Wort und jedes Erkennen übersteigt und über jeden Geist und jedes Wesen hinausliegt, da Er alles in sich umgreift und zusammenfaßt und vorwegnimmt, ja auch für alle unfaßlich ist, weil Er keinem Sein zugänglich ist, da es von Ihm keine Vorstellung gibt, keine Meinung, für Ihn keinen Namen, kein Wort, keine Berührung, keine Erkenntnis – wie können wir da eine Abhandlung über die göttlichen Namen unternehmen, nachdem gesagt worden ist, daß die Gottheit, wie über jedes Wesen, so über jeden Namen und jede Benennung erhaben ist? Doch, wie ich sagte, als ich die theologischen Bilder erklärte, können wir jenes Eine, Unbekannte, Überwesentliche, durch sich selbst Gute, Das Ist {sic!}, die Dreieinigkeit, wie ich sagte, die gleicher Gott und gleiches Gut ist, weder in Worten ausdrücken noch mit unserem Denken erreichen: Ja, auch die Verbindungen der heiligen Kräfte mit jener mehr als unbekannten und überleuchtenden Güte, die den Engeln zukommen, mag man sie nun Eingießungen oder Aufnahme nennen, sind unaussprechlich und unbekannt und nur denen eigen, die sie – neben der Erkenntnis der Engel und zusammen mit den Engeln – empfangen haben. Gottähnliche Geister also, die in Nachahmung der Engel, soweit es angeht, Gott geeint sind (durch vollkommenes Ruhenlassen aller geistigen Tätigkeit gibt es nämlich bei gottähnlich gewordenen Geistern eine solche Vereinigung mit dem höchsten Licht Gottes), preisen Ihn auf die angemessenste Weise durch Absehen von allen Dingen, da sie aufgrund jener seligen Vereinigung mit Gott über aller Natur und wahrhaft darüber erleuchtet sind, daß Gott Ursache aller Dinge, aber selbst keines von ihnen ist, sondern über alle überwesenhaft hinausgehoben. Diese göttliche Überwesentlichkeit über alles, was ist, diese Übergüte über alle Güte darf man weder als Vernunft oder Macht, weder als Geist noch als wirkliches Wesen oder Leben preisen, wenn man nach der Wahrheit strebt, die über alle Wahrheit ist: Vielmehr muß man sie loben als über alles Gehaben, über Bewegung, Leben, Vorstellung, Meinung, Namen, Wort, Denken, Verstehen, Wesen, Seinsverfassung, Grundlage, Vereinigung, Ziel, Unermeßlichkeit, kurz über alles, was nur ist, hoch emporgehoben. Da sie aber als Urquell aller Güte durch ihr bloßes Sein Urquell aller Dinge ist, muß die Gutes wirkende Vorsehung Gottes aufgrund alles Verursachten gepriesen werden. Denn im Hinblick auf sie und um ihretwillen ist alles, und sie ist vor allem, und in ihr hat alles Bestand und Zusammenhang; und ihr Sein bringt alles hervor und macht, daß es ist, und nach ihr strebt alles, das Geistige und Vernünftige wissentlich; was darunter kommt, mit sinnlichem Streben, das übrige aber mit Lebensbewegung oder substantieller Bewegung oder gewohnheitsmäßiger Bewegtheit.
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Schriften über "Göttliche Namen" (BKV)
§ 5.
Nun aber, wenn der göttliche Strahl für jegliche Rede und jegliche Erkenntnis zu erhaben ist und überhaupt über jeden Verstand und jede Erkenntnis hinausgerückt liegt, indem er zwar alles umfaßt, verbindet, einschließt und im vorhinein enthält, selbst hingegen durchaus unfaßbar ist, und wenn es keine Sinneswahrnehmung, keine Phantasievorstellung, keine Meinung, keinen Namen, kein Wort, keine Berührung, kein Wissen von ihm gibt, wie wird dann von uns die Abhandlung über „Göttliche Namen“ verfaßt werden, da die überwesentliche Gottheit als unbenennbar und über jeden Namen erhaben sich erweist? Allerdings können wir, wie wir sagten, als wir die „Theologischen Grundlinien“ darlegten, das Eine, das Unerkennbare, das Überwesentliche, das Gute-an-sich, was es nämlich wirklich ist, weder aussprechen noch erkennen, ich meine die dreipersönliche Einheit,1 ihre (den Personen) gemeinsame Gottheit und gemeinsame Güte. Aber auch die den Engeln entsprechenden Einigungen der heiligen Mächte, muß man sie (diese Einigungen) nun Berührungen oder Aufnahmen2 der überunerkennbaren und überklaren Güte nennen, sind unaussprechbar und unerkennbar und nur in den Engeln selbst vorhanden, die über Engelerkenntnis hinaus derselben (Einigungen) gewürdigt sind. Durch solche Berührungen einigen sich die gottähnlichen Geister (Geistseelen) soweit als möglich in Nachahmung der Engel (mit Gott) — denn unter dem Aufhören jeder Denktätigkeit vollzieht sich diese Einigung der vergot- S. 28 teten Geister mit dem übergöttlichen Lichte —, und sie preisen es so auf die zutreffendste Weise durch das Negieren alles Seienden. Denn infolge der seligsten Einigung mit ihm sind sie wahr und übernatürlich darüber erleuchtet, daß das Göttliche von allem Seienden die Ursache, selbst aber nichts davon ist, weil über alles überwesentlich enthoben. Die urgöttliche Überwesenheit darf nach dem, was die Übersubstanz der Übergüte ist, niemand aus den Liebhabern der alle Wahrheit übersteigenden Wahrheit als Wort oder Kraft oder Geist oder Leben oder Wesen preisen, sondern nur als überhoch hinausgerückt über jegliche Beschaffenheit, Bewegung, Leben, Phantasievorstellung, Meinung, Name, Wort, Gedanke, Erkenntnis, Wesen, Stand, Stellung, Einigung, Ende, Unendlichkeit, kurz über alles, was ist. Weil aber die Gottheit als die subsistierende Güte unmittelbar durch ihr Sein die Ursache von allem Seienden ist, so muß die urgütige Vorsehung der Urgottheit von allen verursachten Wesen gepriesen werden. Denn um sie ringsumher und um ihretwillen ist alles, und sie selbst ist vor allem, und in ihr hat das All seinen Bestand.3 Ihr Sein ist es, durch welches die Hervorbringung und Subsistenz des Weltganzen4 begründet ist, und sie ist es, wonach alles hinstrebt, die geistigen und denkenden Wesen auf intellektuelle Weise, die ihnen untergeordneten auf dem Wege der Sinneswahrnehmung, die übrigen durch lebendige Bewegung oder durch die geeignete Beschaffenheit ihres Wesens und Zustandes.5
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τὴν τρισσὴν ἑνάδα, der klassische Terminus seit einem Gregor von Nazianz u. a. ↩
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εἴτε ἐπιβολὰς εἴτε παραδοχὰς χρὴ φάναι. Das gleiche Synonymum παραδοχαί für ἐπιβολαί gebraucht auch Plotin (Koch S. 174). ↩
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Dionysius variiert nach allen Richtungen — in häufiger Wiederholung — Röm. 11, 36 ἐξ αὐτοῦ καὶ δι’αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα. ↩
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ἡ τῶν ὅλων παραγωγὴ καὶ ὑπόστασις. ↩
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Vgl. Prokl. Inst. theol. 39 πᾶν τὸ ἢ οὐσιωδῶς ἐπιστρέφει (πρὸς τὸ θεῖον) ἢ καὶ ζωτικῶς ἢ καὶ γνωστικῶς. ↩