1. Kap. Veranlassung der Schrift, Ermahnung an die Märtyrer, sich untereinander zu vertragen.
S. 215 Mit der leiblichen Nahrung, welche Euch unsere Herrin und Mutter, die Kirche, aus ihrem Schöße sowie einzelne Eurer Mitbrüder aus ihren Privatmitteln in den Kerker bringen, empfanget, Gebenedeite, die Ihr zu Blutzeugen ausersehen seid, auch eine Gabe von mir zur Stärkung des Geistes. Den Leib zu pflegen und den Geist darben zu lassen, wäre nicht gut; oder besser gesagt, wenn das, was schwach ist, gepflegt wird, so darf das, was noch schwächer ist, nicht vernachlässigt werden. Ich bin zwar nicht der Mann, der Euch einen Zuspruch zu geben imstande wäre. Indessen auch die geübtesten Fechter erhalten nicht etwa bloß von ihren Fechtmeistern und Vorgesetzten Ermunterungen, sondern sogar von Laien in dieser Kunst und Müßiggängern jeder Art, so daß ihnen oft die aus der Volksmenge von weitem an sie gerichteten Zurufe nützlich werden. Vor S. 216allem also, Ihr Gesegneten1, wollet nicht den Hl. Geist betrüben, der Euch in den Kerker begleitet hat! Wenn nicht er jetzt Euch dorthin begleitet hätte, so wäret Ihr heute nicht darin. Und darum gebet Euch Mühe, daß er dort bei Euch bleibe, nur so wird er Euch von da zum Herrn geleiten. Der Kerker ist nämlich auch eine Wohnung des Teufels, worin er seine Angehörigen beisammen hat. Ihr aber seid gerade deswegen in den Kerker gekommen, um ihn auch in seinem eigenen Hause zu überwinden. Draußen nämlich habt Ihr ihn im Kampfe bereits überwunden. Er soll also nicht sagen können: Sie sind in meinem Eigentum, ich will sie versuchen mit gemeinen Gehässigkeiten, Erschlaffung oder gegenseitigen Entzweiungen. Er möge vor Euerem Anblicke in seine tiefsten Schlupflöcher fliehen, zusammengerollt und regungslos wie eine behexte oder durch Rauch vertriebene Schlange, und es soll ihm in seinem eigenen Reiche nicht so wohl werden, daß er Euch gegeneinander aufbringe, sondern er möge Euch wohlverwahrt und mit Eintracht bewaffnet finden, weil der Friede unter Euch für ihn Krieg bedeutet. Pflegen ja gewisse Leute, die diesen Frieden mit der Kirche nicht haben2, ihn von den Märtyrern im Kerker zu erflehen. Und daher müßt Ihr ihn untereinander haben, lieben und bewahren, damit Ihr ihn unter Umstanden auch ändern zu verleihen vermöget.