31. Von der Tochter König Theoderichs von Italien
Der König Theoderich von Italien, der die Schwester König Chlodovechs zur Ehe gehabt hatte1, hinterließ bei seinem see. Tode diese seine Gemahlin mit einer kleinen Tochter. Als diese aber herangewachsen war, verschmähte sie aus Leichtsinn den Rat ihrer Mutter, welche ihr einen Königssohn zum Gatten geben wollte, und nahm sich einen ihrer Unfreien mit Namen Traguila2 mit diesem floh sie in eine Stadt, wo sie sicher zu sein glaubte. Und da die Mutter gegen sie erzürnt war, und von ihr verlangte, sie sollte ihr edles Geschlecht nicht ferner S. 168 beschimpfen, sondern von jenem Knechte lassen und einen Mann khkssgkkkchsll VVU königlichem Geschlecht, den ihr die Mutter schon erwählt hatte, nehmen, wollte sie auf keine Weise sich dem fügen. Da schickte die Mutter höchst erzürnt gegen sie Bewaffnete, und als diese Traguila und die Königstochter in ihre Gewalt bekamen, stachen sie jenen nieder, verwundeten auch sie und brachten sie in das Haus ihrer Mutter zurück. Sie lebten aber als Arianer und da es bei diesen Sitte ist, daß zum Altare tretend die Könige aus einem andern Kelche das Abendmahl genießen, als das andere Volk, warf die Tochter Gift in den Kelch, aus dem die Mutter trinken sollte. Diese trank und starb sofort. Es ist augenscheinlich, daß dieser Greuel ein Werk des Teufels war. Was können also darauf die elenden Ketzer antworten, daß sogar über ihr Sakrament der böse Feind Gewalt hat? Wir aber, die wir die Dreifaltigkeit als eines und desselben Wesens und gleich allmächtig bekennen, werden keinen Schaden nehmen, auch wenn wir den Todesbecher trinken im Namen des Vaters, des Sohnes und heiligen Geistes, des wahren und unwandelbaren Gottes. —— Die Jtaliener aber luden voll Unwillen gegen dies Weib den König Theodad von Tuscien3 zu sich ein und erhoben ihn zu ihrem Könige. Dieser, als er erfahren hatte, was jenes buhlerische Weib begangen hatte, wie sie um eines Knechtes willen, den sie sich genommen hatte, ihre Mutter tötete, ließ eine Badstube glühend heiß machen und sie mit einer Dienerin in dieselbe einsperren. Und als sie in die Gluthitze eintrat, sank sie sogleich auf den Estrich hin und war tot. Da dies ihre Vettern, die vorhin genannten Könige Childebert und Chlothachar vernahmen, wie auch Theudebert, daß sie nämlich S. 169 auf eine so fchmähliche Weise getötet sei, schickten sie eine Gesandtschaft an Theodad und stellten ihn wegen ihres Todes zur Rede.
Wenn du uns nicht eine Buße4 gibst, spracheU sie« für VasEsas du getan hast, so nehmen wir dir dein Reich und lassen dich gleichen Todes sterben« Da überkam ihn Furcht und er schickte ihnen 50000 Goldgulden. Childebert aber, wie er immer voll Neid und Ränke gegen König Chlothachar war, verband sich mit seinem Neffen Theudebert; sie teilten das Gold unter sich und wollten Ehlothachar nichts davon geben. Der aber bemächtigte sich der Schatzkammer Chlodomers und trug ihnen mehr daraus fort, als die Summe ausmachte, um die sie ihn betrogen hatten.
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Audofleda. Sie bekannte die arianische Lehre, wie früher auch ihre Schwester Lantechilde. Vgl. B. 11, Kap. 31. ↩
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Amalasuntha, die Tochter Theoderichs, schon bei Theoderichs Tode Witwe, hatte für ihren jungen Sohn Athalarich von 526—534 die Regierung geführt; als Athalarich starb, nahm sie Theodahad zum Mitregenten an. Dieser ließ sie jedoch auf einer Insel des Sees von Bolsena töten. Soweit die von allen Quellen bezeugten Tcltsachew Was Gregor sonst hinzufügt, hat sagenhaften Charakter; manche Züge seiner Erzählung erinnern aber doch an die Wirklichkeit So klingt der Name des Traguila an die Triggwa, Triggoila an, die bei; Boäthius, Ennodius, Cassiodor und dem Anonymus Valesianus erwähnt werden (vgl. F. Wredz Über die Sprache der Ostgothen in Italien, 78ff.; Fr. Dietrich, Aussprache des Gothischen 76 n. 68 möchte Traguila allerdings zu Inagjan »laufen« und IJraell »Diener« ziehen; dann wäre Traguila ursprünglich Appellativum = servus und wir sähen hier eine nationalgothische Quelle durchschimmern). Auch das Ende, das Gregor der Amalasuntha bereitet werden läßt, entspricht einer bestimmten Gattung von Gewalttaten und Verbrechen, die durch die Technik der antiken (und orientalischen) Vadeanlage ermöglicht War— SV Wissen wir, daß Konstantin d. Große seine Gemahlin Fausta im Bade durch heißen Dampf töten ließ (vgl. auch oben B. 1, Kap. 36); andere Beispiele bei Tacitus Amt. XlV, 64 und (weniger sicher) bei Livius Xxlll 7, 3 und Valerims Hsiaxtmus 9, 6 mit. 2 (Veispiele aus dem arabischen Kulturkreis bei R. Dozzz llistoikes des Kiusulmankz dsbjspagtie lV, 93). — Im Bade erwürgt werden läßt die Amalasuntha Iordaues 1.IX, 306. ↩
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Theodahad, ein Sohn der Amalafrida, der Schwester Theoderichs, hatte große Güter in Tuscien, dem jetzigen Toskana. Durch Unterhandlungen mit Kaiser Justinianus strebte er dahin, sich hier eine selbständige Gewalt zu begründen, aber ohne zum Ziel zu gelangen. Er wird sonst auch nur Herzog, Uicht KVUTS VVU TUsTkEU genannt. ↩
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Ein Wergeld für alle Stände und Geschlechter, wie es das Gesetz in sorgfältig geregelter Abstufung bestimmte, gab es für den König nicht; jeder Angriff auf ihn oder seine Angehörigen, und selbst der bloße Versuch, wurde nach römischem Vorbilde mit dem Leben und dem Verluste des gesamten Gutes gebüßt. Lediglich auf dem Gnadenwege konnte eine Milderung der Strafe erfolgen; für diesen Fall haben Angelsachsen, Bayern und Alamannen ein festes königliches (herzogliches) Wergeld ausgebildet. Vgl. Brunner, RG. II, 688. Galt dies für die eigenen Untertanen, so konnte der Beherrscher eines anderen Staates freilich nur durch Krieg oder Kriegsdrohung zur Verantwortung gezogen werden. Gregors Erzählung macht auch hier durchaus sagenhaften Eindruck. Andere Quellen berichten nichts von diesen Vorgängen; erst im nächsten Kapitel betritt die Erzählung wieder historischen Boden. Jn Liedern und Ehroniken wird wohl berichtet, daß der Tote einmal oder mehrfach mit Gold aufgewogen sei. Fredegar erzählt (l1, 58) folgende Sage: Als Ehlodovech und Alarich nach langen Kämpfen Frieden machen wollten und zusammenkamem erschienen die Gothen heimlich bewaffnet. Die Franken sahen darin einen Mordanfchlag auf ihren König und verlangten Buße dafür. Der Anschlag derselben wurde Theoderich dem Großen übertragen, und dieser bestimmte, ein frätikischer Cjesattdter solle mit erhobenem Speer an den Hof Lllarichs reiten, nnd die Gothen so viel Goldgulden auf ihn werfen, das; sie den Lllianisn fein Roß und die Spitze der. Lanze bedeckten. Grimm, Deutsche iliechtsalterthiiiiicsr (4. Vlufl.) 11", 244 ff. ↩