25.
Vielleicht möchtest du einwenden: Wenn jene Taube, die entsendet ward, eine wahre Taube war, hier „wie eine Taube“ herabstieg: wie können wir dort vom Bilde, hier von der Wahrheit reden? Lesen wir doch nach dem griechischen Schrifttexte, es sei der Geist „im Bilde der Taube“1 herabgestiegen. Doch was wäre so wahr als die Gottheit, die ewig währt? Das Geschöpfliche hingegen, das so leicht vergeht und wechselt, kann nicht die Wahrheit, sondern nur deren Bild sein. Zugleich ein anderer Grund: die Herzenseinfalt derer, die sich taufen lassen, darf nicht Schein, sondern muß Wahrheit sein. Darum auch des Herrn Mahnung: „Seid listig wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben!“2 Mit Recht also stieg er wie eine Taube herab, um uns die Taubeneinfalt als Pflicht einzuschärfen. Daß aber species (Bild, Gestalt) auch gleichbedeutend mit veritas (Wahrheit) genommen werden muß, lesen wir sowohl von Christus — „Und an Gestalt ward S. 287 er als ein Mensch befunden“3 — als auch von Gott dem Vater: „Und nicht hast du seine Gestalt geschaut“4.