VII. Kapitel: Von dem Scheiden der Seele
Gregorius. Du hast dich vorher1 beklagt, daß du die Seele eines Sterbenden bei ihrem Scheiden nicht gesehen hast; aber schon darin lag ein Fehler, daß du mit den Leibesaugen etwas Unsichtbares zu sehen suchtest. Denn viele von den Unsrigen, die ihr Geistesauge durch einen reinen Glauben und durch vieles Gebet klar erhielten, haben oftmals Seelen vom Leibe scheiden sehen. Deshalb will ich nun erzählen, einmal, wie dahinscheidende Seelen gesehen wurden, sodann, was diese selbst alles bei ihrem Scheiden gesehen haben, damit so Beispiele dem zweifelnden Geiste glaubhaft machen, was die Vernunft nicht völlig zu fassen vermag.Schon im zweiten Buche dieses Werkes2 habe ich gesagt, daß der ehrwürdige Benedikt, wie ich von seinen treuen Jüngern erfahren habe, weit von Capua entfernt, sah, wie die Seele des Germanus, des Bischofs jener Stadt, mitten in der Nacht von den Engeln in einer feurigen Kugel zum Himmel getragen wurde; und während er der auffahrenden Seele nachsah, tat sich sein Geist auf und wie in einem einzigen Sonnenstrahl übersah er die ganze Welt. S. 197