XIV. Kapitel: Wie die Verstellung des Königs Totila aufgedeckt wurde
Gregorius. Petrus, du mußt stille sein, bis du noch größere Dinge vernommen hast. Als nämlich zur Goten-Zeit ihr König Totila hörte, daß der Heilige den Geist der Weissagung besitze, begab er sich zum Kloster und machte unweit von demselben Halt, um seine Ankunft melden zu lassen. Sogleich wurde ihm vom Kloster der Bescheid gebracht, er möge eintreten, da kam er, wie er denn ein verschlagener Charakter war, auf den Gedanken, zu versuchen, ob der Mann Gottes wirklich den Geist der Weissagung habe. Er hatte aber einen Schwertträger, der hieß Riggo; dem gab er seine Schuhe, ließ ihn seine königlichen Gewänder antun und befahl ihm, er solle zu dem Manne Gottes gehen, wie wenn er der S. 74 König wäre. Als Gefolge gab er ihm die drei Grafen Vulterich, Ruderich und Blidin mit, die am häufigsten in seiner Umgebung waren; sie sollten den Riggo vor dem Mann Gottes als den König Totila ausgeben und ihm zur Seite gehen. Er gab ihm noch anderes Gefolge und Schwertträger mit, damit er gewiß durch das Gefolge und durch seine Purpurgewänder den Anschein eines Königs erwecke. Als nun Riggo in den Prachtgewändern und mit dem großen Gefolge das Kloster betrat, saß der Mann Gottes eben in einiger Entfernung ihm gegenüber. Als er sah, wie er hereintrat, rief er ihm, sobald ihn Riggo hören konnte, entgegen: „Lege ab, mein Sohn, lege ab, was du anhast, das gehört nicht dir!” Und sogleich fiel Riggo auf die Erde nieder; denn er erschrak, weil er diesen Mann hatte zum besten halten wollen, und auch alle andern, welche mit ihm zu dem Manne Gottes kamen, fielen jählings zu Boden. Als sie sich wieder erhoben, wagten sie nicht mehr, sich ihm zu nähern, sondern kehrten zum König zurück und erzählten ihm zitternd, wie schnell sie durchschaut worden waren.