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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Grégoire Ier, pape (540-604) Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum Vier Bücher Dialoge (BKV)
Zweites Buch

XXXIII. Kapitel: Von dem Wunder seiner Schwester Scholastika

Gregorius. Wer, Petrus, wird in diesem Leben höher stehen als Paulus, der wegen des Stachels seines Fleisches dreimal den Herrn bat und doch nicht erlangen konnte, was er wollte? Deshalb muß ich dir von dem ehrwürdigen Vater Benedikt erzählen, daß er einen Wunsch hatte, den er nicht zu erfüllen vermochte. Es pflegte nämlich seine Schwester, Scholastika mit Namen, die von Kindheit auf dem allmächtigen Gotte geweiht war, ihn einmal im Jahre zu besuchen.1 Der Mann Gottes stieg zu ihr zu einem Klosterbesitztum nicht weit von der Pforte hinab. Eines Tages kam sie, wie sie es gewohnt war, und ihr ehrwürdiger Bruder ging mit seinen Jüngern zu ihr hinab. Sie verbrachten den ganzen Tag im Lobe Gottes und mit heiligen Gesprächen. Schon brach das Dunkel der Nacht herein, als sie mitsammen Speise zu sich nahmen. Während sie noch bei Tische saßen und es unter heiligen Gesprächen immer später wurde, bat ihn die gottgeweihte Frau, seine Schwester: „Ich bitte dich, verlasse mich diese Nacht nicht, damit wir bis zum Morgen von den Freuden des himmlischen Lebens sprechen können.” Er aber erwiderte ihr: „Was sagst du doch, Schwester? Ich kann unter keinen Umständen außerhalb des Klosters bleiben.” Es war aber das Wetter so heiter, daß sich keine Wolke am Himmel zeigte. Als die gottgeweihte Frau die abschlägige Antwort ihres Bruders vernahm, legte sie die Finger ineinander, ließ die Hände auf den Tisch sinken und neigte ihr Haupt auf die Hände herab, um so zu Gott dem Allmächtigen zu beten. Als sie dann das Haupt vom Tische erhob, blitzte und donnerte es gewaltig, und es ging ein solcher Wolkenbruch nieder, daß weder der ehrwürdige S. 98 Benedikt noch die Brüder, die bei ihm waren, an dem Ort, wo sie saßen, einen Fuß vor die Türe setzen konnten. Denn als die gottgeweihte Frau das Haupt auf ihre Hände herabneigte, vergoß sie ganze Tränenströme auf den Tisch, und durch diese brachte sie den heiteren Himmel zum Regnen. Und diese Regenflut folgte nicht erst eine Weile nach dem Gebet, sondern Gebet und Flut waren so gleichzeitig, daß sie das Haupt vom Tische schon mit dem Donner erhob, und das Erheben des Hauptes und das Herniederströmen des Regens eins waren. Da nun der Mann Gottes sah, daß er unter Blitz und Donner und unter dem strömenden Regen nicht zum Kloster zurückkehren konnte, wurde er traurig und beklagte sich mit den Worten: „Der allmächtige Gott sei dir gnädig, Schwester! Was hast du getan!” Sie antwortete ihm: „Siehe, ich habe dich gebeten, und du hast mich nicht erhören wollen; da habe ich meinen Herrn gebeten, und er hat mich gehört. Gehe jetzt, wenn du kannst, verlasse mich und kehre zum Kloster zurück!” Da er das schützende Dach nicht verlassen konnte, blieb er gezwungen, nachdem er freiwillig nicht hatte bleiben wollen. Und so geschah es, daß sie die ganze Nacht durchwachten und sich gegenseitig durch heilige Gespräche über das geistliche Leben erquickten. Deshalb sagte ich, er habe etwas gewollt und habe es nicht vermocht; denn wenn wir auf den Willen des ehrwürdigen Mannes sehen, so ist kein Zweifel, daß er wollte, es solle das heitere Wetter, bei dem er gekommen war, andauern; aber seinem Wollen stellte sich ein Wunder entgegen, das der allmächtige Gott nach dem Herzensverlangen einer Frau bewirkte. Es darf uns nicht wundernehmen, daß die Frau, welche ihren Bruder länger zu sehen wünschte, mehr als er vermochte; denn weil nach dem Worte des Johannes Gott die Liebe ist,2 so vermochte nach einem gerechten Entschlusse Gottes jene mehr, die mehr liebte. S. 99

Petrus. Ich gestehe, was du sagst, hat meinen vollen Beifall.


  1. Scholastika war Äbtissin eines Klosters in Plumbariola in der Ebene nordwestlich von Cassino. ↩

  2. 1 Joh 4,16 ↩

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