Traktat LXXII. Von Daniel. IV.1
Ist eine Strafe gewaltig, so ist des öftern der Ruhm, der ihr folgt, noch gewaltiger. Das gilt besonders bei göttlichen Dingen, bei denen die Glücklichen in beharrlicher Hingabe mehr ihre Religion schützen als ihr Leben. Wenn ich höre, daß die drei Jünglinge ins Feuer ge- S. 329 worfen wurden, habe ich zunächst ein Gefühl ungeheuren Schreckens. Bald aber wünschte ich, mit ihnen zu sein, wenn ich erfahre, daß sie, inmitten der Flammen vom Taue benetzt, unversehrt Gott ein Loblied gesungen. So groß ist die Ktaft und die Macht des Glaubens, daß sie sogar gegen ihren Willen die Elemente veranlaßt, denen, die ihn pflegen, dienstbar zu sein. Laßt euch deshalb, Brüder, durch die Betrachtung des furchtbaren Vorgangs nicht schrecken! Es gibt keine Strafe mehr, die man zu fürchten braucht, wenn das Leben von solchen, die in Flammen standen, erhalten bleibt und so der Feuersgluten spottet.
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Dan. 3. In der Rheimser Handschrift findet sich zu dem Traktate die Randbemerkung: Sabbato primi mensis coram pontifice ante processionem recitanda. Demnach wurde der Traktat am ersten Samstag des März vor einer Prozession gelesen, in der sich der Bischof wohl vom Chorgebet zur Feier der hl. Messe an den Altar begab. ↩