Edition
Masquer
Contra Vigilantium liber unus
8.
Romanus Episcopus super corpora apostolorum offert sacrificia. Vigilantii stulta sententia vel objectio. Eunomius auctor haereseos contra reliquias. Montanus. Tertulliani Scorpiacus liber. Caina haeresis instaurata.—Male facit ergo Romanus episcopus, qui super mortuorum hominum Petri et Pauli, secundum nos ossa veneranda, secundum te vilem pulvisculum, offert Domino sacrificia, et tumulos eorum Christi arbitratur altaria? Et non solum unius urbis, sed totius orbis errant episcopi, qui cauponem Vigilantium contemnentes, ingrediuntur basilicas mortuorum, in quibus pulvis vilissimus et favilla, nescio quae, jacet linteamine convoluta: ut polluta omnia polluat: et quasi sepulcra pharisaica foris dealbata sint cum intus immundo cinere, juxta te, immunda omnia oleant atque sordeant. Et post haec de barathro pectoris sui coenosam spurcitiam evomens, aut dicere: "Ergo cineres suos amant animae martyrum, et circumvolant eos, semperque praesentes sunt; ne forte si aliquis precator [Al. peccator] advenerit, absentes audire non possint?" O portentum in terras ultimas deportandum! Rides de reliquiis martyrum, et cum auctore hujus haereseos Eunomio, Ecclesiis Christi calumniam struis: nec tali societate terreris, ut eadem contra nos loquaris, quae ille contra Ecclesiam loquitur? Omnes enim sectatores ejus basilicas apostolorum et martyrum non ingrediuntur, ut scilicet mortuum adorent Eunomium, cujus libros majoris auctoritatis arbitrantur, quam Evangelia; et in ipso credunt esse lumen veritatis: sicut aliae haereses paracletum in Montanum venisse contendunt, et Manichaeum ipsum dicunt esse paracletum. Scribit adversum haeresim tuam, quae olim erupit adversum Ecclesiam (ne et in hoc quasi repertor novi sceleris glorieris) Tertullianus vir eruditissimus insigne volumen, quod Scorpiacum vocat rectissimo nomine: quia arcuato vulnere in Ecclesiae corpus venena diffundit, quae olim appellabatur Caina haeresis: et multo tempore dormiens vel sepulta, nunc a Dormitantio suscitata est. Miror, quod non dicas, nequaquam perpetranda martyria, Deum enim qui sanguinem hircorum taurorumque non quaerat, multo magis hominum non requirere. Quod cum dixeris; immo et si non dixeris, ita haberis quasi dixeris. Qui enim reliquias martyrum asseris esse calcandas, prohibes sanguinem fundi, qui nullo honore dignus est.
Traduction
Masquer
Gegen Vigilantius (BKV)
8.
Es liegt also [nach deiner Ansicht] seitens des römischen Bischofes eine verwerfliche Handlungsweise vor, da er über den Gebeinen verstorbener Menschen, der Apostel Petrus und Paulus, die nach unserer Auffassung Gegenstand der Verehrung, nach der deinen dagegen wertloser Staub sind, Gott Opfer darbringt und ihre Grabstätten zu Altären Christi macht? Aber nicht nur in einer Stadt, sondern auf dem ganzen Erdkreise sind die Bischöfe im Irrtume, welche, ohne sich um den Kneipwirt Vigilantius zu kümmern, die Basiliken der Toten besuchen, in denen völlig wertloser Staub und wer weiß was für eine Asche, in ein Leintuch eingehüllt, aufbewahrt liegt. Sie, die selbst unrein ist, verunreinigt natürlich alles, und die Gräber, die wie pharisäische außen weiß getüncht, innen aber alle voll unreiner Asche sind, wie du meinst, riechen übel und starren vor Schmutz. Dann speit Vigilantius aus dem Abgrund seines Innern seinen kotigen Unflat heraus und sagt: „Die Seelen der Märtyrer haben also eine Vorliebe für ihre Asche, umschweben sie und sind beständig gegenwärtig, damit sie nicht gerade dann abwesend seien, wenn irgendein Beter kommt, so daß sie ihn nicht hören könnten?“ O du Ungeheuer, das man an das Ende der Welt bringen sollte! Du spottest über die Reliquien der S. 314Märtyrer und verleumdest wie Eunomius1 , der Urheber dieser Häresie, die Kirche Christi. Du solltest vor einer solchen Gesellschaft zurückschrecken; aber du sprichst gegen uns wie jener gegen die Kirche Christi. Denn alle seine Anhänger halten ihren Fuß von den Basiliken der Apostel und Märtyrer fern, um dafür den toten Eunomius anzubeten, dessen Schriften sie einen höheren Wert beimessen als den Evangelien. Sie glauben, daß in ihm das Licht der Wahrheit sei, ähnlich wie andere Häresien behaupten, daß der Heilige Geist in Montanus sich niedergelassen habe oder daß Manes selbst der Paraklet sei. Gegen deine Häresie, die früher schon auf die Kirche einstürmte — du brauchst dich nicht etwa mit der Erfindung eines neuen Verbrechens zu rühmen —, hat Tertullian, ein Mann von hervorragender Gelehrsamkeit, ein Buch geschrieben, welches er mit dem passenden Namen „Scorpiacum“2 betitelt, weil diese Lehre eine gelbanlaufende Wunde verursacht und so das Gift in den Körper der Kirche verbreitet, das früher Kainitische Irrlehre3 hieß, die lange Zeit hindurch in Ruhe begraben war, jetzt aber von einer „Schlafmütze“ wieder zum Leben erweckt worden ist. Es wundert mich, daß du nicht sagst, man dürfe den Märtyrertod nicht erdulden; denn Gott, den es nicht verlangt nach dem Blute von Böcken und Stieren, gelüste es noch viel weniger nach Menschenblut. Magst du nun diese Ansicht vertreten oder nicht, auf jeden Fall hält man dich für fähig, für eine solche Meinung einzustehen. Denn wenn man, wie du dich auslassest, die S. 315Reliquien der Märtyrer mit Füßen treten muß, dann verbietest du damit, Blut zu vergießen, das keiner Verehrung würdig ist.
-
Ein Parteiführer der strengen Arianer, der unter Constantius den Stuhl von Konstantinopel inne hatte. Ob er ein besonderer Gegner der Reliquienverehrung war, wird, abgesehen von dieser Stelle, nicht berichtet. Im Wesen des Arianismus war eine solche Bekämpfung nicht begründet. ↩
-
Der Titel bedeutete „Arznei gegen den Skorpionenstich“. Die Skorpione sind die Gnostiker, denen gegenüber Wert und Verdienstlichkeit des Martyriums dargetan wird. ↩
-
Die Kainiten sind eine gnostische Sekte, welche verlangten, daß der Mensch, um zur Gnosis zu gelangen, alle Lasterhaftigkeit durchmachen müsse. Ob sie speziell gegen die Reliquienverehrung waren, läßt sich nicht feststellen. ↩