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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Jérôme de Stridon (347-420) Epistulae Briefe (BKV)
II.b. Aszetische Briefe: Mahnbriefe
117. An Mutter und Tochter in Gallien

2.

Zuerst lege ich Wert darauf, daß Ihr, Schwester und Tochter, nicht etwa glaubt, ich schreibe, weil ich Böses von Euch vermute. Ich wünsche bloß, daß Ihr Euch versöhnt, damit nicht andere auf argwöhnische Gedanken kommen. Denn wenn ich, was mir fernliegt, eine sündhafte Beziehung unterstellte, dann schriebe ich überhaupt nicht, wüßte ich doch, daß ich in diesem Falle tauben Ohren predigte. 1 Sollte ich mitunter etwas bissig werden, dann bitte ich zu bedenken, daß daran weniger meine strenge Auffassung als die Schwere des zu S. 335 bekämpfenden Übels Schuld trägt. Das faule Fleisch wird mit Messer und Brenneisen geheilt; das Gift wird unwirksam gemacht durch Schlangengift. Ein großer Schmerz wird durch einen noch größeren ausgeglichen. Schließlich mache ich darauf aufmerksam, daß der gute Ruf auch dann leiden kann, wenn sich das Gewissen keine böse Tat vorzuwerfen hat. In den Namen Mutter und Tochter liegt gegenseitige Zuneigung und Hilfsbereitschaft. Sie bezeichnen eine von der Natur geschaffene Verbindung, über der nur noch die Vereinigung mit Gott steht. Dafür, daß Ihr einander in Liebe zugetan seid, verdient Ihr noch kein Lob; ein Verbrechen aber ist es, wenn Ihr Euch gegenseitig haßt. Der Herr Jesus war seinen Eltern Untertan. 2 Er verehrte seine Mutter, obwohl er eigentlich ihr Vater war. Er schätzte seinen Nährvater, der doch ihm seinen Lebensunterhalt verdankte. Nie vergaß er, daß seine Mutter ihn unter ihrem Herzen, sein Pflegevater aber auf den Armen getragen hatte. Deshalb empfahl er am Kreuze hängend dem Jünger seine Mutter, 3 die er vor seiner Kreuzigung nie von seiner Seite gelassen hatte.


  1. Terentius, Heautontimorumenos 222. ↩

  2. Luk. 2, 51. ↩

  3. Joh. 19, 27. ↩

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