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Œuvres Thomas d'Aquin (1225-1274) Summe der Theologie
Prima Pars Secundae Partis
Quaestio 47

Dritter Artikel. Die hervorragende Stellung des Zürnenden ist Ursache des Zornes.

a) Dagegen sagt: I. Aristoteles (2 Rhet. 2.): „In hohem Grade zürnen, wenn sie verletzt werden, die Schwachen und Bedürftigen und die nicht haben, was sie begehren.“ II. Ebenso:„Dann zürnen manche, wenn in ihnen das verachtet wird, worüber man Verdacht haben kann: entweder daß es ihnen nicht innewohnt oder doch nur in geringem Grade; wenn sie aber meinen, gerade in dem recht hervorzuragen, was in ihnen von seiten anderer verachtet wird, dann macht dies ihnen keine Sorge.“ Daß man aber einen solchenVerdacht überhaupt fassen kann, daran kann nur ein Mangel in ihnen schuld sein. Also nicht das Hervorragende in jemandem ist Ursache des Zornes. III. Was zur hervorragenden Stellung in jemandem beiträgt, dies gerade macht, daß er viele Hoffnung habe und angenehm in der Gesellschaft anderer sei. Aristoteles aber sagt: „Menschen, die spielen, lachen, Feste feiern, glücklich sind, ihre Werke vollendet haben, an Unbeständigem keine Freude finden und viel Hoffnung besitzen, erzürnen sich nicht.“ Auf der anderen Seite schreibt Aristoteles (2 Rhet. c. 3.) im selben Buche: „Die Menschen werden leicht unwillig auf Grund des Hervorragenden in ihnen.“

b) Ich antworte, daß die Ursache des Zornes erwogen werden kann: 1. gemäß der Beziehung zum wirkenden Beweggrunde des Zornes; und so ist das Hervorragende in jemandem Ursache, daß er leicht in Zorn gerät. Denn der Beweggrund des Zornes ist ungerechte Geringschätzung und weil, wer in etwas wirklich hervorragend ist, mit Unrecht darin geringgeschätzt wird, so besteht da auch ein gewisses Recht, sich leichter zu erzürnen, wie z. B. wenn der Reiche im Gelde gerade geringgeschätzt wird, der Redner in der Beredsamkeit u. s. w.; — 2. gemäß der Verfassung der Seele, die wegen eines solchen Beweggrundes in jemandem zurückbleibt. Denn offenbar bewegt nichts zum Zorne außer der Schaden, der da betrübt. Was aber zum Mangel gehört, ist im höchsten Grade betrübend, weil die Menschen, die Mangel haben, mit größerer Leichtigkeit verletzt werden. Und dies ist die Ursache, weshalb Schwache und Bedürftige leichter zürnen, weil sie nämlich leichter verletzt werden.

c) I. Ist damit beantwortet. II. Wer in dem verachtet wird, worin er ganz offenbar sich auszeichnet, meint, damit keinen Schaden zu erleiden und wird sonach nicht traurig. Auf der anderen Seite hat er, weil er mit mehr Unrecht verletzt wird, auch mehr Grund zu zürnen, es sei denn daß er die Sache verachtet oder meint, die Verletzung käme von Unkenntnis. III. Alle jene Dinge hindern den Zorn, weil sie die Trauer hindern; andererseits sind sie geeignet, Zorn zu erwecken, weil sie bewirken, daß ungeziemenderweife jemand verachtet wird.

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