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Œuvres Thomas d'Aquin (1225-1274) Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 55

Fünfter Artikel. Christus durfte seine Auferstehung auf Beweisgründe stützen.

a) Dies dürfte Er nicht. Denn: I. „Nimm die Beweisgründe fort, wo Glaube gesucht wird,“ sagt
Ambrosius (de fide 5.). II. „Der Glaube hat kein Verdienst, wo die Vernunft Beweise hat,“
sagt Gregor der Große (hom. 26. in Evgl.). III. Christus „kam in die Welt, damit die Menschen das Leben in
überfließender Weise haben“ (Joh. 10.). Dem ewigen Leben oder der Höhe
der Seligkeit scheint aber im Wege zu stehen die Zuversicht auf Beweisgründe,
nach Joh. 20.: „Selig, die glauben und nicht sehen.“ Auf der anderen Seite „erschien der Herr während der vierzig Tage in vielen beweisenden Darlegungen und sprach vom Reiche Gottes“ (Act 1, 3.).

b) Ich antworte, man nenne Beweisgrund: 1. einen Grund, der den
Zweifel an einer Sache entfernt; — 2. ein sinnlich wahrnehmbares Zeichen,
das man als äußeres Zeugnis für die Wahrheit eines Satzes gebraucht.
Im ersten Sinne hat Christus nicht bewiesen die Wahrheiten des Glaubens; denn jeder solche Beweis muß von Principien ausgehen. Waren
diese nun nicht den Jüngern bekannt, so nützte der Beweis den Jüngern
nichts; waren sie ihnen bekannt, so überstieg die betreffende Wahrheit nichtdas Licht der menschlichen Vernunft; wie das notwendig ist bei der Wahrheit der Auferstehung, welche die menschliche Vernunft übersteigt. Er bewies ihnen also die Wahrheit der Auferstehung aus der Autorität der heiligen Schrift, welche das wahre Fundament und eigentliche Princip des Glaubens ist, nach seinen eigenen Worten: „Es mußte erfüllt werden Alles, was geschrieben steht in dem Gesetze, den Psalmen und den Propheten über mich.“ Im zweiten Sinne hat der Herr durch einige äußere, sinnlich wahrnehmbare Zeichen die Wahrhaftigkeit seines auferstandenen Leibes dargethan. Dies geschah: 1. weil die Herzen der Jünger nicht in der Verfassung waren, um leicht und ohne weiteres den Glauben an seine Auferstehung anzunehmen; weshalb Er ausruft (Luk. ult.): „O ihr, die ihr thöricht seid im Herzen und langsam um zu glauben,“ und Mark. ult.: „Er warf ihnen vor ihre Ungläubigkeit und Herzenshärte;“ — 2. damit sie kraft solcher Zeichen wirksameres Zeugnis ablegten von der Auferstehung, nach 1. Joh. 1.: „Was wir sahen und hörten und was unsere Hände berührt haben … das bezeugen wir.“

c) I. Ambrosius spricht von Beweisgründen, die auf menschlichen,
natürlichen Principien beruhen. II. Das Verdienst des Glaubens ist es, daß der Mensch auf Grund
des Gebotes Gottes glaubt, was er nicht sieht. Jener Beweisgrund allein
also schließt das Verdienst des Glaubens aus, welcher bewirkt, daß man
durch zuverlässiges Wissen erkennt, was Gegenstand des Glaubens ist.
Solchen Beweisgrund gab Christus nicht seinen Jüngern. III. Das Verdienst der Seligkeit, wie solches vom Glauben kommt,
wird nur dann ganz ausgeschlossen, wenn der Mensch nicht glauben wollte
außer das was er sieht. Daß aber der Mensch was er nicht glaubt vermittelst einzelner äußerer Zeichen sieht, entleert nicht den Glauben und nimmt
nicht das Verdienst. So hat Thomas, dem der Herr sagte: „Weil du gesehen, hast du geglaubt,“ etwas Anderes gesehen und etwas Anderes geglaubt.
Vollkommener aber ist der Glaube, wenn er ohne Hilfe solcher äußerer
Zeichen besteht, nach Joh. 4.: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet,
glaubt ihr nicht.“ Wer also glaubt ohne solche Zeichen wird im Vergleiche zu jenem, der nur glaubt, wenn solche Zeichen vorhergegangen,
„selig“ genannt.

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