8.
Personen von solcher Art müssen sich einer größeren Reinheit des Gewissens befleißigen als jene, die mit dem Verstande wirken können. Denn wer erwägt, was die Welt ist, was er Gott schuldet, wieviel dieser Gott für ihn gelitten hat, wie wenig er ihm dient und was Gott denen gibt, die ihn lieben: der schöpft aus diesen Betrachtungen Lehre genug, um sich gegen die zerstreuenden Gedanken sowohl, als auch gegen die Gefahren und Gelegenheiten zur Sünde zu schützen. Wer sich aber dieses Mittels nicht bedienen kann, der ist in größerer Gefahr und muß sich darum, weil er für sich selbst nichts zur Erbauung Dienliches zu ersinnen vermag, viel mit Lesen beschäftigen. Für einen solchen ist die Lesung eine sehr nützliche Beihilfe zur Sammlung im Gebete; ja, es ist ihm sogar notwendig, daß er anstatt des innerlichen Gebetes, das er nicht üben kann, etwas, und sei es auch nur Weniges, lese. Denn für Seelen, die mit dem Verstande nicht nachsinnen können, ist die Übung des innerlichen Gebetes ohne Beihilfe eines Buches eine recht mühsame Beschäftigung. Wollte der geistliche Führer eine solche Seele drängen, daß sie, ohne etwas erbauliches zu lesen, lange dem innerlichen Gebet obliege, so würde sie auf die Dauer unmöglich in dieser Übung verharren und ihre Gesundheit schädigen, falls sie doch fortfahren sollte, sich Gewalt anzutun; denn es ist dies wirklich eine sehr harte Aufgabe.