20.
Ein andermal hatte ich wieder eine Vision, die mich gleichfalls in sehr großen Schrecken setzte. Ich war da an einem Orte, wo eine gewisse Person starb, die, wie ich wußte, viele Jahre lang sehr böse gelebt hatte. Zwei Jahre war sie krank, und in einigen Stücken schien sie sich auch gebessert zu haben; darum hielt ich sie, obwohl sie ohne Beichte starb, doch nicht für verdammt. Als man nun den Leichnam einhüllte, sah ich, wie eine große Anzahl Teufel sich desselben bemächtigte. Sie schienen mit ihm zu spielen, aber auch ihn zu mißhandeln, indem ihn einer um den andern mit großen Haken an sich riß, was mich in großen Schrecken setzte. Als ich dann sah, wie man diesen Leichnam mit der nämlichen Ehre und mit den nämlichen Zeremonien wie alle anderen zu Grabe trug, betrachtete ich bei mir die große Güte Gottes, der da wollte, daß die Schande dieser ihm feindlichen Seele nicht offenbar wurde, sondern geheim blieb. Ich war bei diesem Anblick fast wie versteinert. Während des ganzen Leichengottesdienstes sah ich keinen Teufel mehr; als man aber darauf den Leichnam in das Grab legte, war darin eine große Menge böser Geister schon bereit, ihn in Empfang zu nehmen; durch diesen Anblick kam ich ganz außer mir und mußte mich sehr zusammennehmen, um es zu verbergen. Ich dachte bei mir, wie diese bösen Geiger wohl die Seele behandeln würden, da sie schon an dem armseligen Leibe in solcher Weise Gewalt ausübten. Möchte doch der Herr allen, die sich im Stande der Sünde befinden, das schreckliche Schauspiel vor Augen führen lassen ebenso wie mir; sie würden meines Erachtens zu einem besseren Leben bestimmt werden. Dies alles läßt mich weit mehr erkennen, aus welchem Unglück mich Gott errettet hat und wie viel ich ihm deshalb schuldig bin. Ich blieb über diese Vision in großer Furcht, bis ich mit meinem Beichtvater darüber gesprochen hatte. Ich dachte mir nämlich, es könnte das Ganze eine Täuschung des bösen Feindes gewesen sein, um jene Seele in üblen Ruf zu bringen, obgleich sie nicht für sehr christlich gehalten wurde. Wenn es aber auch keine Täuschung gewesen ist, so flößt es mir doch in Wahrheit, so oft ich daran denke, Furcht ein.