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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Thérèse d'Avila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Sechstes Hauptstück

9.

Wer hätte es vorausgesagt, daß ich nach so vielen und so großen von Gott empfangenen Gnadengeschenken so schnell fallen würde? Wie hätte dies noch möglich geschienen, nachdem Seine Majestät mir Tugenden geschenkt, die selbst wieder eine Aufforderung für mich waren, ihm zu dienen; nachdem ich mich so nahe dem Tode und in so großer Gefahr der ewigen Verdammnis gesehen, und nachdem mich der Herr an Leib und Seele wieder erweckt hatte, so daß alle, die mich sahen, sich darüber wunderten, daß ich noch lebe? O mein Herr, was ist doch das? Ein so gefahrvolles Leben müssen wir leben! Jetzt, da ich dieses schreibe, meine ich zwar, durch deine Gnade und Erbarmung mit dem heiligen Paulus, wenn auch nicht mit so vollkommener Wahrheit wie er, sagen zu können: nicht ich lebe mehr, sondern du, mein Schöpfer, lebst in mir. Sind es ja doch schon einige Tage, seitdem du mich, soweit ich es erinnern kann, an deiner Hand hältst. Ich gewahre Begierden und Entschlüsse in mir, die sich viele Jahre hindurch schon in manchen Stücken wenigstens einigermaßen als wirksam erwiesen haben, Begierden und Entschlüsse, auch nicht im geringsten etwas zu tun, mal gegen deinen Willen ist, wobei ich freilich unbewußterweise Deine Majestät oft genug noch beleidigen werde. Auch glaube ich gegebenenfalls aus Liebe zu dir selbst das Schwerste mit großem Mute unternehmen zu können; und in der Tat habe ich mit deiner Hilfe schon so manche Dinge glücklich vollbracht. Ich liebe nicht die Welt, noch was in ihr ist und ich glaube mich in nichts zu erfreuen außer in dem, was von dir kommt; alles übrige scheint mir nur ein schweres Kreuz zu sein. Freilich kann ich mich auch täuschen und es ist möglich, daß ich die erwähnten guten Eigenschaften nicht besitze; doch siehst du wohl, o Herr, daß ich, soviel ich es erkennen kann, nicht lüge. Dennoch fürchte ich, du möchtest mich wieder verlassen, und zwar nicht ohne Grund; denn ich weiß es bereits, wie weit meine eigene Kraft reicht und wie schwach meine Tugend ist, wenn du nicht immer mir beistehst und mich stärkest, daß ich nicht von dir lasse. Ja, gebe deine Majestät, daß ich nicht auch jetzt, da es dem Anscheine nach so gut mit mir geht, von dir verlassen sei! Ach, ich weiß nicht, wie wir dieses Leben noch lieben können, da doch alles so unsicher in ihm ist. O mein Herr! Ich hielt es schon für unmöglich, so ganz von dir zu lassen, und doch bin ich so oft von dir gewichen. Dies ist Ursache, warum ich mich fortwährend fürchten muß; denn zögest zu dich auch nur ein wenig von mir zurück, so fiele ich mit allem guten, das ich schon empfangen habe, elend zu Boden. Doch sei gepriesen in Ewigkeit! Wiewohl ich dich verließ, so hast doch Du mich nicht so gänzlich verlassen, daß du mir nicht stets deine Hand gereicht hättest, um mich, wenn ich gefallen, wieder zu erheben. Aber oftmals, o Herr wollte ich diese Hand nicht ergreifen und deine Stimme nicht hören, die mich so oft aufs neue rief. Dies will ich nun im folgenden erzählen.

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