30.
Als ich im zweiten Jahre meines Priorates im Kloster der Menschwerdung, am Tage der Oktav des hl. Martinus, aus den Händen des P. Johannes vom Kreuz die hl. Kommunion empfing, teilte er die hl. Hostie und reichte den einen Teil einer anderen Schwester. Mir kam der Gedanke, er tue dies nicht aus Mangel an Hostien, sondern um mich abzutöten; denn ich hatte ihm gesagt, ich hätte gewöhnlich eine Freude an großen Hostien, wenn ich auch wußte, daß nichts daran liege und Christus selbst unter der kleinsten Partikel ganz gegenwärtig sei. Da sprach Seine Majestät zu mir: »Fürchte die nicht, meine Tochter, nichts vermag dich von mir zu trennen.« Dadurch gab er zu verstehen, daß es nicht auf die Größe der Hostie ankomme. Damals zeigte er sich mir auch, wie er dies häufig zu tun pflegte, durch eine sehr innerliche, bildliche Vision und reichte mir seine rechte Hand mit den Worten: »Sieh an diesen Nagel; er ist ein Zeichen, daß du von heute an meine Braut sein wirst. Bis jetzt hattest du es noch nicht verdient; in Zukunft wirst du für meine Ehre eifern, nicht bloß weil ich dein Schöpfer, dein König und dein Gott bin, sondern auch insofern du in einem wahrhaft bräutlichen Verhältnis zu mir stehst. Von nun an ist deine Ehre die meinige und meine Ehre die deinige.« Die Wirkung dieser Gnade war so mächtig, daß ich mich nicht fassen konnte und ganz außer mir kam. Deshalb sprach ich zum Herrn, er möchte entweder meine Armseligkeit von mir nehmen oder mir keine so große Gnade mehr erweisen. Denn ich glaubte ganz fest, daß die Natur dies nicht ertragen könnte. Den ganzen Tag blieb ich darin versenkt. Daraufhin merkte ich einen großen Gewinn, eine größere Beschämung und Betrübnis über den Anblick meines einer so großen Gnade unwürdigen Wandels.