28. Brief — An Didakus Ortiz, Bürger in Toledo
Salamanka, am 27. Mai 1571
Klosterangelegenheiten in Toledo.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen! Amen.
Sie erweisen mir durch Ihre Briefe eine so große Gefälligkeit und Liebe, daß ich mich, selbst wenn der letzte noch viel schärfer gewesen wäre, doch für gut belohnt und für verpflichtet gehalten hätte, Ihnen aufs neue zu dienen. Sie sagen, Sie hätten den von Pater Mariano überbrachten Brief zu dem Zwecke gesendet, damit ich die Gründe erfahre, von denen Sie sich bei Ihrer Forderung leiten ließen. Ich bin dadurch eines Besseren belehrt worden; denn diese Gründe erscheinen mir so wichtig, und Sie wußten Ihre Wünsche so hervorzuheben, daß meinen Gründen wenig Gewicht mehr bleiben wird. Und so will ich mich denn auch nicht mehr mit Gründen verteidigen, sondern es wie jene machen, die einen schwach begründeten Rechtsstreit haben, indem ich Ihnen zurufe: Mögen Sie sich erinnern, daß Sie die Verpflichtung haben, jederzeit mehr diese Töchter zu begünstigen, die Waisen sind und minderjährig, als die Kapläne! Es gehört zwar zuletzt alles in gleicher Weise Ihnen zu; aber mehr geht Sie das Kloster und dessen Bewohnerinnen an als jene, die, wie Sie sagen, zum Teile mehr bemüht sind, mit der heiligen Messe bald fertig zu werden, als Andacht dabei zu haben.
Eine große Gnade erweisen Sie mir dadurch, daß Sie in betreff der Vesper nachgeben; denn in diesem Stücke könnte ich Ihnen nicht dienen. Was das übrige betrifft, schreibe ich der Mutter Priorin schon, daß sie nach Ihrer Anordnung sich richte, und ich sende ihr auch Ihren Brief. Vielleicht wird es das Zuträglichste für uns sein, wenn wir alles in Ihre Hände und in die des Herrn Alfons Ramírez Alvarez legen. Wollen Sie sich dort miteinander verständigen! Ich entbiete diesem Herrn vielmals meine Hochachtung. Die Nachricht von dem Seitenstechen, an dem er litt, hat mich sehr betrübt. Die Schwestern dieses Klosters haben ihn dem Herrn empfohlen, und ich unterlasse nicht, für Sie und Ihre Engelein zu beten, die Gott zu den Seinigen machen und bewahren wolle.
Ein Punkt scheint mir für die Schwestern sehr beschwerlich und lästig zu sein, nämlich wenn an Festtagen vor der Konventmesse die andere Messe gesungen werden soll. Wie man da zurechtkommt, besonders wenn auch eine Predigt ist, weiß ich nicht. Es wird Ihnen wenig darauf ankommen, wenn an einem Festtage mit gesungener Messe die Kaplaneimesse etwas früher stille gelesen wird. Es sind ohnehin wenige Tage, darum wollen Sie auch etwas gegen Ihren Willen zugeben und mir diese Gunst erweisen, wenigstens an jenen Festtagen, an denen nicht Sie die Kosten bestreiten. Bedenken Sie, daß für Sie gar nichts auf dem Spiele steht, während Sie, wenn Sie mir willfahren, ein großes Almosen spenden, ein gutes Werk vollbringen und mir einen großen Dienst erweisen.
Nachdem der Brief an unseren General schon abgegangen war, bemerkte ich erst, daß er unnötig war. Denn alles, was der Pater Visitator tut, hat weit mehr Kraft; es ist, als hätte es der Papst selbst getan, so daß kein General und kein Generalkapitel es umstoßen kann. Der Visitator ist ein sehr umsichtiger und gelehrter Mann, und Sie werden gerne mit ihm unterhandeln. Ich glaube, daß er in diesem Sommer unfehlbar auf Visitation kommen wird; da kann dann alles mit voller Rechtskraft abgeschlossen werden, was Sie wünschen und worum ich ihn hier bitten werde. Von dem, was Sie zur Bestätigung für gut halten, werde ich nicht abgehen und Ihnen in allem, wo es mir möglich ist, zu Diensten sein. Ich bedauere, Ihnen nicht von einem näher gelegenen Orte aus meine Ergebenheit an den Tag legen zu können.
In die Gebete der Doña Franziska Ramírez empfehle ich mich recht angelegentlich. Ich bin jetzt, Gott sei Dank, ohne Fieber. Sie dürfen mir immerhin schreiben, was Sie wollen; denn ich weiß schon, daß es aus gutem Herzen kommt. Nur das würde mir wehe tun, wenn ich Sie betrübte; denn dies möchte ich nicht, und ich wünschte auch nicht, daß es vom dortigen Kloster aus geschähe. Übrigens hat mir alles, was Sie sagten, nicht geschadet, und es wird mir auch nicht schaden. Unser Herr verleihe Ihnen so viele geistige Güter, als ich Seine Majestät darum bitte, und er halte Sie allezeit in seiner Hand! Heute ist der Sonntag nach Christi Himmelfahrt.
Ihre unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu