413. Brief — An Pater Nikolaus Doria, Prior in Pastrana
Burgos, im März 1582
Schmerz über die Abreise des Paters Gracián. Verhalten bei Schwierigkeiten.
Jesus sei mit Euerer Hochwürden, mein Vater!
Es ist für mich sehr schmerzlich, daß unser Vater so weit fortreist, und zwar ohne Euere Hochwürden; ich war darüber sehr bekümmert. Möge ihm Gott Gesundheit schenken! Ihre Anwesenheit muß in jenem Kloster höchst notwendig gewesen sein, sonst würde sich unser Vater nicht darauf eingelassen haben, sich von Ihnen zu trennen. Ich habe mich sehr erbaut an der Demut, die Sie in Ihrem Briefe bekunden; aber ich habe in keiner Weise die Absicht, zu tun, was Sie mir nahelegen; Sie müssen leiden lernen. Wissen Sie, mein Vater, aller Anfang ist schwer, und so wird es jetzt auch bei Ihnen sein.
Was Sie mir über die schlimmen Folgen sagen, die die Gelehrsamkeit mit sich bringt, so wäre es ein großes Übel, wenn diese sich bei Leuten einstellen würden, die noch so wenig Gelehrsamkeit besitzen. Es wäre besser, es gäbe bei uns gar keine Gelehrsamkeit, wenn sie so bald schon mit solchen Ansprüchen hervortritt.
Die Kunst, andere gut zu leiten, besteht, mein lieber Vater, nicht darin — und Sie dürfen davon überzeugt sein —, daß man beständig seine Armseligkeiten vor Augen hat; man muß sich vielmehr oft selbst vergessen und sich erinnern, daß man Gottes Stelle vertritt, um seine Pflicht zu tun. Er wird ersetzen, was uns mangelt, wie er allen Oberen gegenüber verfährt; denn es wird sich keiner finden, der durchwegs vollkommen ist.
Lassen Sie sich nicht hinreißen zu einer unangebrachten Demut, und unterlassen Sie nicht, unserem Vater alles zu schreiben, wie Sie es sich denken. Vor kurzem habe ich ihm einen anderen Brief durch Vermittlung der Doña Johanna gesendet. Gott erhalte Sie und mache Sie so heilig, wie ich ihn darum bitte! Amen.
Euerer Hochwürden Dienerin
Theresia von Jesu