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Œuvres Thérèse d'Avila (1515-1582) Visitationsverfahren

36.

Dem Oberen wird es sehr lästig sein, auf so viele Kleinigkeiten, wie ich sie hier angeführt habe, zu achten; allein größer als diese Last würde sein Schmerz sein, wenn er sie nicht beachtete und dann sehen müßte, wie wenig Nutzen er deshalb geschafft hat. Diese Achtsamkeit ist, wie gesagt, notwendig, so heilig auch die Nonnen sein mögen. Die Hauptsache aber ist, was ich gleich anfangs von der Leitung weiblicher Personen gesagt habe. Diese müssen wissen, daß sie einen Oberen haben, der sich durch nichts auf Erden wankend machen läßt, sondern festhält an allem, was zur Ordensobservanz gehört, und darauf dringt, daß man es beobachte, widrigenfalls er strafen werde. Sie müssen wissen, daß der Obere auf jedes Kloster in dieser Hinsicht ein besonderes Augenmerk richte, daß er nicht bloß alle Jahre die Visitation vornehme, sondern auch wisse, was tagtäglich geschieht. Auf diese Weise wird die Vollkommenheit eher zu als abnehmen. Da die Frauenspersonen größtenteils auf Ehre halten und furchtsam sind, so wird das Gesagte viel dazu beitragen, daß man nicht nachlässig wird. Wenn es zuweilen notwendig ist, muß man nicht nur reden, sondern auch tatsächlich einschreiten, damit die eine (durch ihre Bestrafung) allen anderen zur Warnung diene. Wollte aber der Obere aus Mitleid oder aus anderen Rücksichten anfangs, da noch wenig vorfällt, anders verfahren, so würde er später genötigt sein, mit größerer Strenge einzuschreiten. Ein solches Mitleid wäre die größte Grausamkeit, und er hätte deshalb Gott, unserem Herrn, eine strenge Rechenschaft abzulegen.

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