Die Gerichtsakten der Blutzeugen aus Scili
S. 77 Unter dem zweiten Konsulat des Präsens und unter dem Konsulat des Claudianus wurden zu Karthago am 17. Juli im Gerichtssaal vor die Schranken gestellt: Speratus, Nartzalus, Cittinus, Donata, Secunda und Vestia.
Der Prokonsul Saturninus führte die Verhandlung und sagte: „Ihr könnt Straferlaß unseres Herrn Kaisers erlangen, wenn ihr zur Vernunft zurückkehrt!“
Speratus: „Wir haben niemals etwas Strafwürdiges getan. Nie haben wir bei etwas Schlechtem mitgeholfen. Wir haben nie jemandem etwas Böses gewünscht, sondern sogar noch gedankt, wenn man uns mißhandelt hat. Wir sind darum gute Untertanen des Kaisers.“
Saturninus: „Auch wir sind fromme Leute. Unsere Religion ist einfach: wir schwören beim göttlichen Schutzgeist unseres Herrn, des Kaisers. Wir beten für sein Wohlergehen. Und das müßt auch ihr tun!“
Speratus: „Wenn du mir jetzt ruhig zuhörst, will ich dir das Mysterium der Einfachheit unserer Religion enthüllen.“
Saturninus: „Einweihen willst du mich also in eure Mysterien? Und zwar indem du auf unsere S. 78 Religion schimpfst? Nein, da höre ich nicht zu! Es wird besser sein, du schwörst jetzt beim Glücksgeist des Herrn Kaisers.“
Speratus: „Ein vergottetes Kaisertum über diese Welt kann ich niemals anerkennen. Ich diene jenem Gott, den keines Menschen Auge gesehen hat und sehen kann. Ich habe noch nie gestohlen. Bei jedem Kauf habe ich auch die staatliche Steuer bezahlt. Denn hierin erkenne ich durchaus an meinen Herrn, den Kaiser, den König über die andern Könige, den Kaiser über alle Völker.“
Nun sagte Saturninus zu den übrigen: „Laßt wenigstens ihr ab von diesen schlechten Meinungen!“
Speratus: „Schlechte Meinungen sind zum Beispiel: Menschenmord begehen oder falsches Zeugnis ablegen.“
Saturninus: „Laßt doch ab von den Narreteien, die dieser euch vormacht!“
Da sagte Cittinus: „Wir fürchten niemanden, außer unsern Herrn, den Gott, der in den Himmeln ist.“
Und Donata fügte hinzu: „Ehre dem Kaiser, weil er Kaiser ist. Anbetung nur Gott!“
Vestia sagte: „Ich bin eine Christin!“
Secunda sagte: „Was ich bin, das will ich auch sein!“
Saturninus wandte sich wieder an Speratus: „Bleibst du bei dem Bekenntnis, ein Christ zu sein?“
Speratus: „Ich bin ein Christ!“
Und alle bekannten das gleiche wie er.
Saturninus: „Wollt ihr Bedenkzeit haben?“
S. 79 Speratus: „In einer so heiligen Sache gibt es nichts zu bedenken!"
Saturninus: „Was ist da in dem Kasten drin?“
Speratus: „Bücher, und zwar Briefe des Paulus, eines heiligen Mannes.“
Saturninus: „Ich biete euch dreißig Tage Bedenkzeit an. Überlegt es gut!“
Aber Speratus wiederholte: „Ich bin ein Christ!“
Und alle stimmten ihm bei.
Da verlas der Prokonsul Saturninus von einer Wachstafel das Endurteil: „Speratus, Nartzalus, Cittinus, Donata, Vestia, Secunda und mehrere andere haben bekannt, nach Christenweise zu leben. Man hat ihnen die Wege geebnet zur Rückkehr in die römische Religion. Aber sie haben sich hartnäckig geweigert. Das Urteil lautet darum: Sie sollen enthauptet werden!“
Speratus sagte: „Dank sagen wir Gott!“
Nartzalus sagte: „Heute noch, ihr Märtyrer, sind wir im Himmel. Gott sei Dank!“
Der Prokonsul Saturninus ließ durch einen Herold verkünden: „Speratus, Nartzalus, Cittinus, Veturius, Felix, Aquilinus, Lätantius, Januaria, Generosa, Vestia, Donata, Secunda sollen zur Hinrichtung abgeführt werden!“
Alle sagten: „Gott sei Dank!“
So wurden alle zu gleicher Zeit der Krone des Martyriums teilhaft. Nun herrschen sie mit dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist in alle Ewigkeit. Amen.