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Werke Syrische Dichter Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
3. Drittes Gedicht über die Menschwerdung des Herrn.

1.

Der Glaube lud mich ein, mich an seinen Vorräten zu erquicken. Er ließ mich an seinem Tische Platz nehmen und trug die Früchte des Geistes auf, er ebnete den Weg zu seiner Pforte, auf daß ich bequem mit ihm wandeln möchte. Er geleitete mich auf den rechten Pfad, damit ich nicht im schmählichen Irrtum umherirre. Ich trat mit ihm ein in seine Wohnung und gelangte zur Stätte der Ruhe; [10] da sah ich alle die Vorräte, welche er den von ihm Geladenen bereitet hatte. Ich sah sein Haus mit Friede, Liebe und Eintracht geschmückt, und prophetische Aussprüche gleich Ruhelagern darin ausgebreitet. Ich sah seinen gemischten Krug, welcher mit Blut statt mit Wein angefüllt war; und statt des Brotes war der geschlachtete Leib auf den Tisch gelegt. [20] Ich sah das Blut und schauderte, ich sah den geopferten Leib, und Beben ergriff mich. Da winkte er mir zu: „Iß und schweige! Trinke, Kind, und rede nicht!“ Er setzte mich oben an bei seinem Mahle und gab mir einen hohen Platz, wobei er zu mir sagte: „Bleib bei mir und arbeite S. 140 mit mir für hohen Lohn!“ Er mischte mir den Becher seiner Liebe, und mein vertrockneter Gaumen ward erquickt. [30] Aus seinen Händen empfing ich und nahm statt des Weines das heilige Blut entgegen. Mich umfangend legte er den Arm unter mein Haupt und stützte mich wie ein Kind. Er reichte mir den Leib und das Blut, indem er zu mir sagte: „Nimm und erquicke dich!“ Über Tische flüsterte er mir geheimnisvolle und erhabene Dinge zu und sang mir liebliche Lieder, auf daß ich mich an ihren Weisen erfreute. [40] Er munterte mich auf wie einen Knaben und trieb mich an wie ein Kindlein. Dann lehrte er mich die Kostbarkeiten, die er mir vorgelegt hatte, lobsingend preisen. Er zeigte mir den getöteten Leib, legte davon auf meine Lippen und rief mir liebevoll zu: „Siehe, was du da issest!“ Alsdann reichte er mir das Schreibrohr des Geistes und verlangte, daß ich es zur Hand nähme; [50] ich aber ergriff es, schrieb und bekannte: „Dies ist der Leib Gottes“. Ebenso ergriff ich auch den Kelch und trank ihn bei seinem Gastmahle; da traf mich aus dem Kelche das Aroma jenes Leibes, von welchem ich genossen hatte. Und dasselbe, was ich vom Leibe gesagt hatte, daß er der Leib Gottes sei, ebendasselbe bezeugte ich nun auch vom Kelche, nämlich: „Dies ist das Blut unseres Erlösers“. [60]

Alles dies zeigte mir der Glaube bei seinem Gastmahle und sandte mich dann hinaus, auf daß ich draußen in der Welt die gewisse Wahrheit verkünden sollte. Ich ging hinaus und erzählte, was ich gesehen hatte, hörte aber da draußen ganz andere Reden, welche viele, ein jeder nach seiner eigenen Meinung, vorbrachten. Ich sah die Welt in Verwirrung und in dreister Disputation, [70] denn sie unterließ es ihrer Erlösung eingedenk zu sein und grübelte statt dessen über Geheimnisse. Ich hörte die Menschen darüber streiten, ob Gott gestorben sei oder nicht. Sein Tod hat die Schöpfung erlöst und man fragt noch, ob er gestorben sei! Der eine lehrt, er sei nicht Mensch geworden, der andere hält ihn für einen bloßen Menschen, und aus den Wor- S. 141 ten beider geht Streit hervor. [80] Die Zanksüchtigen bringen die Erde durch ihre Disputationen in Verwirrung. Sie hören auf den Erlöser zu preisen und fangen an zu untersuchen, wie er gestorben sei. Zwei bittere Wurzeln, die zum Unheil aufgesproßt und emporgewachsen sind, welche die Menschen aufgeregt und Spaltungen in der Kirche angestiftet haben, Nestorius und Eutyches, sie haben unser Gehör verwirrt. [90] Nachdem sie selbst vom Gifte der Schlange getrunken hatten, suchten sie auch ihrerseits die Schöpfung damit zu tränken. Der Teufel hatte sie an sich herangezogen und sie zu seinen Gesinnungsgenossen gemacht; deshalb fingen sie an, die Erlösung, zu leugnen, die der Welt durch unsern Herrn zuteil ward. Denn da der Teufel fürchtete, er müsse sonst allein in die Hölle fahren, so flocht er sich ein Grasbündel1, um damit gegen die Flammen zu kämpfen2. [100] Die Gräser, welche der Wind verweht, beginnen die Flamme zu untersuchen. Die gestern erst aufgesproßten Knospen fangen mit dem Feuer Streit an. Die Geierküchlein, welche noch in den Eierschalen stecken, erheben sich über den Adler, dessen Flug die Wolken unter sich läßt. Die Fledermäuse, die Kinder der Finsternis, welche sich nur bei Nacht zeigen, [110] nehmen sich frech heraus, jenen Aufgang3, welcher die Seraphim blendet, zu erforschen. Die unreinen Schakale benehmen sich übermütig gegen den Löwen von gewaltiger Stärke, vor dessen zornigem Brüllen alle Geschöpfe zittern. Die Erdschollen überheben sich gegen die Flut; die schnell verwelkenden Blumen richten ihren Blick gegen die Sonne. [120]


  1. d. h. er verführte Menschen zum Abfall vom wahren Glauben; vergl. Ps. 36, 2; 91, 8; 102, 15. ↩

  2. d. h. den Gottmenschen. ↩

  3. Vergl. Zach. 3, 8; 6, 12. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung über die unter dem Namen Isaaks von Antiochien überlieferten Schriften.

Inhaltsangabe

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