4.
Der Glaube der Tochter des Lichtes1 ist ohne jegliche Grübelei der, daß sie einen Eingeborenen aus dem Vater und aus der Jungfrau kennt. Gib den Leib S. 147 an Gott und mache nicht ein Anhängsel daraus!2 Bekenne, daß er aus zwei Schößen abstammt, aber bezeuge ihn als einen einzigen, wie er es in Wahrheit ist! [360] Glaube, daß er von Gott und Gott wie Gott ist, bekenne ferner, daß er von der Jungfrau als Mensch abstammt, und zerteile ihn nicht! Wenn du ihn nun von der Höhe und von der Tiefe3 her gleichmäßig gepriesen hast, so bezeuge, daß er in beider Hinsicht doch nur einer ist und nicht zu zweien werden kann! [370] Ferne sei es von der Kirche, daß sie irre und sich den Streitsüchtigen anschließe! Ferne sei es von ihr, daß sie die Erlösung, die ihr der Eingeborene bereitet hat, verleugne! Sie hält vielmehr das Bekenntnis des auserwählten Thomas fest und singt sein Lob. Sie leugnet weder seine Gottheit noch seine Menschheit. Denn sie hat die Wahrheit von dem Jünger der Wahrheit gelernt; von ihm, welcher den Eingeborenen gesehen hat, hat sie ihre Lehre empfangen. [380] Sie ruft: „Du bist mein Herr und mein Gott“, gleichwie einst jener Jünger rief4. Den aber, welcher hieran etwas hinzufügt oder davon hinwegnimmt, den nimmt die Tochter des Lichtes nicht an. Sie nimmt keinen an, der die Gottheit des Eingeborenen leugnet, und sie freut sich nicht über den, der behauptet, er habe sich nicht mit dem Leibe des Geschlechtes Adams bekleidet. Seine Gottheit und seine Menschheit ist ihr hoher Ruhm, [390] aber nicht in zwei Personen oder zwei Zahlen getrennt, sondern Gottheit und Menschheit, Menschheit und Gottheit bilden nur einen vollendeten, vollkommenen Sohn aus dem Vater und aus Maria. Der Vater erzeugte ihn als Gott und die Jungfrau gebar ihn als Mensch. Aber aus dem Vater wie aus der Jungfrau ist er nur ein einziger ohne Teilung. [400] Er ist ganz vollkommen nach seiner Gottheit und ganz vollkommen nach seiner Menschheit und wird in beider Hinsicht geglaubt als ein einziger eingeborener Sohn. Denselben, welchen der Vater geistig ohne Leib erzeugte, hat auch S. 148 die jungfräuliche Mutter leiblich durch ein Wunder geboren. Willst du seine Gottheit leugnen, so droht dir der Vater vom Himmel; [410] willst du seine Menschheit nicht bekennen, so zürnt dir die Jungfrau auf Erden. Zu ihm sprach der Vater im Anbeginn: „Lasset uns Menschen machen nach unserem Bilde!“5 und mit ihm ging schwanger die Selige, da sie ihn zu Ephrata6 gebar. Derselbe, welcher vom Vater gesandt wurde, der nämliche, der aus dem Mutterleibe geboren ward, hat auch auf Golgotha gehangen. [420] Dies ist der Ruhm der Kirche, daß Gott am Kreuze gestorben ist, nicht in der Natur seiner göttlichen Wesenheit, sondern in dem Leibe unserer Menschheit. Denn Gott kann in seiner eigenen Natur den Tod nicht kosten. Deshalb wurde er Mensch, als er sterben wollte, und kostete den Tod nach seinem Wohlgefallen. Der Tod hat sich nicht einem leiblosen Gotte genaht; [430] denn wenn er ihn nicht im Fleische gesehen hätte, würde er davon zurückgeschaudert sein ihm zu nahen.