12. Gedicht über die Nächstenliebe.
Text: Bedjan a. a. O. S. 153 ff. (Nr. 15). — Handschriftlicher Titel: „Homilie des Kirchenlehrers Mar Isaak über diejenigen, welche sich beklagen über ihre Umgebung zur Zeit des Gebetes und der Feier der hl. Geheimnisse.“ Der Dichter geißelt hier mit scharfen Worten die Lieblosigkeit und Unversöhnlichkeit vieler Christen seiner Zeit, die, entgegen dem Gebote des Herrn, sich nicht nur nicht versöhnen, bevor sie zum hl. Opfer kommen, sondern diese Gelegenheit geradezu S. 244 benutzen, um ihrem unchristlichen Haß gegen den Mitmenschen entweder lauten Ausdruck zu verleihen und so den Gottesdienst zu stören, oder wenigstens im Herzen neu zu entfachen und so ebenfalls die Wirkung des Versöhnungsopfers vereiteln. Das Gedicht gewährt uns einen interessanten Einblick in das praktische Leben der damaligen Christen und zeigt uns, wie sehr die Lauigkeit bereits überhand genommen und wie wenig der Geist der Liebe in den Gemeinden herrschte. Wie bei all den Sittengemälden, die Isaak zuweilen in seinen Homilien entrollt, dürfen wir auch bei unserem Gedicht annehmen, daß er doch etwas zu schwarz gesehen habe und seine Zeitgenossen in ein schlimmeres Licht rückt, als sie es verdienen. Bemerkenswert ist unser Gedicht wegen der schönen Stellen über das hl. Meßopfer.