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S. 79 1. Durch den Patriarchen Jakob wurde prophezeit, daß es zwei Parusien Christi gibt, daß Christus bei der ersten leidensfähig sein wird, daß“, fügte ich bei, „nach seiner Ankunft in eurem Volke kein Prophet und kein König mehr zu finden ist, und daß die Heiden, welche an den leidensfähigen Christus glauben, auf seine nochmalige Wiederkunft warten werden. Doch“, bemerkte ich, „hatte der Heilige Geist mit Rücksicht auf diese letzte Prophezeiung in einem Bilde geheimnisvoll gesprochen1. Er hat,“ fuhr ich fort, „also geredet2 : ‚Juda, deine Brüder haben dich gepriesen, deine Hände ruhen auf dem Nacken deiner Feinde, die Söhne deines Vaters werden vor dir niederfallen. Ein junger Löwe ist Juda, von Jugend an bist du, mein Sohn, emporgestiegen. Er streckte sich aus und schlief wie ein Löwe und wie sein Junges. Wer wird ihn wecken? Nicht wird fehlen ein Herrscher aus Juda und nicht ein von ihm stammender Führer, bis der kommt, dem es vorbehalten ist3. Er wird die Erwartung der Heiden sein. Er bindet an den Weinstock sein Füllen und an die Edelrebe das Füllen seiner Eselin. Im Weine wird er waschen sein Gewand und im Blute der Traube sein Kleid. Seine Augen sind leuchtend vom Wein, und seine Zähne sind weiß wie Milch.’ 3. Daß es nun je einmal in eurem Volke von seinem ersten Auftreten an bis zum Erscheinen und Leiden unseres Jesus Christus keinen Propheten oder Fürsten mehr gegeben habe, solche Behauptung werdet ihr nicht in kühnem Wagnis aufstellen, könnt ihr auch nicht beweisen. Denn ihr bezeichnet auch S. 80 Herodes, der das Leiden Christi veranlaßte4, als Hohenpriester in eurem Volke, obwohl er, wie ihr behauptet, aus Askalon stammte. Also gab es auch zu seiner Zeit jemanden, der nach dem Gesetze des Moses Opfer darbrachte und die übrigen Gesetzesvorschriften beobachtete; also folgten sich Propheten ununterbrochen bis Johannes und gab es wie auch damals, als euer Volk nach Babylon geschleppt, das Land mit Krieg überzogen und die heiligen Gefäße geraubt wurden, immer noch unter euch einen Propheten, der Herr, Führer und Herrscher eures Volkes war. Denn der Geist, der in den Propheten ist, salbte euch auch die Könige und stellte sie auf. 4. Seitdem jedoch Jesus, unser Christus, in eurem Volke aufgetreten war und den Tod erlitten hatte, gab und gibt es nirgends einen Propheten; ihr steht sogar nicht mehr unter einem eigenen König und überdies ‚wurde euer Land verwüstet und ist verlassen und gleicht einer Wächterhütte im Obstgarten’5. Wenn der Logos durch Jakob erklärte ‚und er wird sein die Erwartung der Heiden’, dann deutet er geheimnisvoll die beiden Parusien Christi an und gab zu erkennen, daß die Heiden an ihn glauben werden, was ihr mit Augen sehen könnt6 ; denn wir, die wir aus allen Völkern durch den Glauben an Christus gottesfürchtig und gerecht geworden sind, warten auf seine Wiederkunft.
Der Prophet sprach geheimnisvoll, damit die Juden nicht erkennen, daß ihre Verwerfung, bezw. die Berufung der Heiden gelehrt ist, und damit sie nicht in dieser Erkenntnis die Schrift fälschen. Vgl. 120,5. ↩
Gen. 49, 812. ↩
Der Text liest in Übereinstimmung mit unseren Septuaginta-Handschriften: ἕως ἂν ἔλθῃ τὰ ἀποκείμενα αὐτῷ. In 120, 4 f. erklärt jedoch Justin diese Lesart für unrichtig und behauptet, nach der Septuaginta sei zu lesen: ἕως ἂν ἔλδῃ ᾧ ἀποκείται. – Nach I. Apol. 32,2 ist zu den Worten „dem es vorbehalten ist“ zu ergänzen: das Königtum. ↩
Nicht Herodes Antipas, vor welchen Pilatus den gefesselten Jesus führen ließ (vgl. Dial. 103,4), sondern Herodes der Große, der die Knäblein zu Bethlehem zu töten befahl (vgl. Dial. 103,3), stammte nach Eusebius Kirchengeschich. I. 7,11 aus Askalon. ↩
Vgl. Is. 1, 7. 8. ↩
Vgl. Justin, I. Apol. 32,4. ↩
