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1. Unsere Aufgabe ist es jedenfalls, unsere Seele so viel wie immer möglich auf mannigfache Weise vorher zu schulen, damit sie für die Aufnahme der Erkenntnis geschickt werde.
2. Seht ihr nicht, wie das Wachs erweicht und das Erz geläutert wird, damit es das ihr aufgedrückte Gepräge annehme?
3. Wie ferner der Tod „die Trennung der Seele vom Körper“1 ist, so ist die Erkenntnis gleichsam der Tod auf geistigem Gebiet, der die Seele von den Leidenschaften fortführt und scheidet und sie in das Leben guter Taten einführt, damit sie dann mit Freudigkeit zu Gott sprechen kann: Wie du willst, so lebe ich.
4. Denn wer sich vornimmt, „Menschen zu gefallen“,2 „kann Gott nicht gefallen“,3 da die Masse nicht das Nützliche, sondern das Ergötzende vorzieht.4 Wenn aber jemand Gott gefällt, so ist es die natürliche Folge, daß er auch das Wohlgefallen der guten Menschen findet.
5. Wie sollte also ein solcher Mann noch sein Ergötzen an Essen und Trinken und Liebeslust finden, da er ja sogar gegen ein Gespräch, das Vergnügen bereitet, und gegen eine ergötzliche S. c76 Gedankenregung oder Tätigkeit Bedenken hat?
6. Denn „niemand kann zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“.5 Mit diesem Wort meint der Herr nicht einfach das Geld, sondern die mit Geld gemachten Aufwendungen auf die mannigfachen Genüsse; denn es ist tatsächlich unmöglich, daß jemand, der Gott in erhabener und wahrer Weise erkannt hat, ein Sklave der Lüste werden kann, die ihm entgegengesetzt sind.